Hartz Four - eine Superhelden-Kurzgeschichten-Saga


Seit Jahren sind Hartz-IV-Empfänger die Deppen der Nation. Ob in Ein-Euro-Jobs als billige Arbeitskräfte missbraucht oder vom Jobcenter schikaniert – immer müssen Hartzies herhalten. Doch jetzt treten vier Superhelden in Berlin-Neukölln an die Seite der Armen und Entrechteten: Hartz – Four!

Dietmar Röber


Dietmar

Sandra Röber


Mike Matschke


Fred


Der Boss der Truppe verlor bei einem Unfall sein rechtes Auge. Das Glasauge, das man ihm dafür einsetzte, befähigt ihn nun durch Gegenstände schauen zu können...Dietmars kleine Schwester ist mit allen esoterischen Wassern gewaschen! Häufig sind es ihre prophetischen Träume, die der Hartz-Four Gruppe zeigen, welche arme Hartz-IV-Seele gerade Hilfe braucht.Seit einem allergischen Anfall verfügt dieser Bodybuilder über enorme physische Kräfte, die er allerdings nicht immer kontrollieren kann.Diesem Vollbluttrinker ist es gelungen seine Alkoholfahne zu domestizieren: Diese kann sich unsichtbar durch Räume bewegen und Stimmen imitieren - Sie ist das heimliche fünfte Mitglied des Hartz Four - Clans...



Mittwoch, 27. März 2013

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Auf dem Weg ins Krankenhaus wird Dietmar von einer seltsamen Stimme aufgehalten...

Na endlisch würd aba och Zeit – das die leute nie das machn, was man ihnn sacht ...“
Was sagt?“, fragte Dietmar.
Na das!“, brüllte es erneut in sein Ohr. Dietmar zuckte erschrocken zusammen – die Worte kamen ganz klar nicht aus dem Mund des Alkies.
Ähm, sag mal: Machst du das?“
Naja, was heißt denn hier icke ... dit is mene alki-fahne, die ham letztez wieda brobiert mich von den alohol wechzubring ... und da is it passirt: Mene aloholfahne hat jelernt su sprechn!“
Kann ich mir schlecht vorstellen!!“
Und da hab ick mir jedacht: prima: Kannst dir ne paar merkers dasu vadienen – bin vor ne paar tagn zu den filialleita jegan ...“, er deutete auf den Kaisers-Markt, der im Untergeschoss des Centers lag, „und hab jesagt, ey, ick mach werbung für eusch, also zum beispiel:
´100 Gramm Rindermett, heute nur 1,49´“, tönte in einer klaren, schönen Supermarktstimme die Alkoholfahne.
Hätte mir als belohnug och schon ne jägameistaflasche jereicht. So eine alohlfahne muss nen hohn aloholproßentsats habm um leistungsfähch su sein ...“
Stimmt genau“, pflichtete die Alki-Fahne bei.
Naja, die krause von den ladn hat misch aba sofot raus jeschmissn. Seit dem bin ick den kaisas böse. Deswegn hab ick deine freundin anjepumpt ...“
Dietmar konnte kaum glauben, was er da grade erlebte. Er ließ sich neben dem Alki auf die Treppe fallen:
Also erstens: Das ist meine Schwester! Und zweitens: Du hast sie damit in den Wahnsinn getrieben.“
Echt?... dit tut mir leid, dit wollt ick nisch ... die is imma stehn jebliebn, janz bleich jewordn und denn weg jeloffen.“
Ja, sie ist übersensibel, das kommt von den Eso-Kursen“, murmelte Dietmar, „klarer Fall von Realitätsverlust, aber das ist ein anderes Thema.“
Sach ick och imma: Imma bei der realität bleibn. Ohh, ick merk schon das sisch mein alkolspiegl jefährlisch absenken tut, dann fang ick imma an su quatschen ...“
Das heißt, wenn du viel Alkohol im Blut hast ...“
... dann halt ick meen maul und meene jägimeistafahne fängt an su laban ...“
Der braucht Meeet, der Fred!“, säuselte die Fahne.
Was isch sachn wollte is wolgendes: Die krause, also dit is ehne von den kaisers-mitarbeitarinnen, die die mich nich ringelassen hat und mich so von ein sicheren arbeitsplatz abjehalten hat. Und nich nur dit: Die is total fies zu den hartz vierlern: Die sagt zu den flaschnsammlan: ihr kommt nur in unsan ladn um pfand zu kassieren und dann klaut ihr auch noch. Wenn der filialleita nich da is, dann schmeißt die die flaschensammla schon mal raus – ey berti erzähl mal, mit die krause ...“
Ein älterer Herr mit Jutebeutel und einem sauber gestriegelten, abgetragenen Jackett, der grade in das Center gehen wollte, stoppte und kam auf die beiden zu.
Ja, die Krause ...“, fing er mit schwacher Stimme an, „die macht uns hier das Leben zur Hölle. Also ich trau mich nicht mehr in den Kaisers rein, ich geb meine Flaschen immer oben bei Netto ab, und nich nur ich, deswegen gibt’s da so lange Schlangen am Automaten.“
Und als ich letztens mit Stinki“, mischte sich ein Punk ein, und setzte sich mit seinem Hund auf die Treppe, „zu spät war, um bei Netto noch Wurst für uns beide zu kaufen, da bin ich runter zu Kaisers und da hat die Alte uns angeranzt, von wegen, dass das hier kein Assi-Supermarkt sei und so ‘nen Scheiß ...“
Na klar, dachte Dietmar, stimmt, das hat Sandra auch erzählt. Die hatten was gegen Hartz IV-Empfänger hier, besonders eine von den Blaukitteln tat sich mit Sprüchen hervor, die sie gerne über die Lautsprechanlage verkündete: „5-3 an die Käsetheke, 5-3 an die Käsetheke: Bitte mal die Gouda-Häppchen wegstellen – da ist gerade ein Hartz IV-Empfänger in den Laden angekommen, die verwechseln einen Supermarkt ja gerne mal mit `ner Bahnhofsmission!!!“

Entwarnung: Sandra ist nicht verrückt, sie ist nur auf den Superhelden Fred gestoßen – nächste Woche Mittwoch geht es weiter...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

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