Hartz Four - eine Superhelden-Kurzgeschichten-Saga


Seit Jahren sind Hartz-IV-Empfänger die Deppen der Nation. Ob in Ein-Euro-Jobs als billige Arbeitskräfte missbraucht oder vom Jobcenter schikaniert – immer müssen Hartzies herhalten. Doch jetzt treten vier Superhelden in Berlin-Neukölln an die Seite der Armen und Entrechteten: Hartz – Four!

Dietmar Röber


Dietmar

Sandra Röber


Mike Matschke


Fred


Der Boss der Truppe verlor bei einem Unfall sein rechtes Auge. Das Glasauge, das man ihm dafür einsetzte, befähigt ihn nun durch Gegenstände schauen zu können...Dietmars kleine Schwester ist mit allen esoterischen Wassern gewaschen! Häufig sind es ihre prophetischen Träume, die der Hartz-Four Gruppe zeigen, welche arme Hartz-IV-Seele gerade Hilfe braucht.Seit einem allergischen Anfall verfügt dieser Bodybuilder über enorme physische Kräfte, die er allerdings nicht immer kontrollieren kann.Diesem Vollbluttrinker ist es gelungen seine Alkoholfahne zu domestizieren: Diese kann sich unsichtbar durch Räume bewegen und Stimmen imitieren - Sie ist das heimliche fünfte Mitglied des Hartz Four - Clans...



Mittwoch, 28. August 2013

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Sandra und Dietmar wollen Mike im Krankenhaus besuchen...

Mike öffnete langsam die Augen und nahm verschwommen die Zimmerdecke seines Krankenzimmers wahr. Er war bereits vor einigen Stunden zu Bewusstsein gekommen und hatte mit an gehört, wie sich zwei Ärzte über seinen Gesundheitszustand unterhalten hatten: Die von Mike regelmäßig konsumierten Anabolika und die in den Garnelen enthaltenen Aminosäuren hätten in seinem Körper reagiert – die Heftigkeit der Reaktion war allerdings auch für die Ärzte unerklärlich.
Am Mittag hatte ihm dann Rudi, sein Fitnesskumpel, einen Besuch abgestattet, der allerdings sehr kurz verlaufen war, da Mike noch nicht sprechen konnte:
Mensch Mike, was machst du denn für Sachen? … Ähm … Ähm... Hab dir die Post, die B.Z. und dein BodyXtreme-Magazin mitgebracht – nich, dass du hier vor Kummer eingehst ...“
Mühsam drehte Mike seinen Kopf zur Seite und sah zum Nachtisch. Im Adressfeld des Briefs stand oben links ganz klein als Absender: Dr. Klausen.


Wie, du willst da nicht reingehen?“
Ich spüre Unmengen an Energie, die sich bald entladen werden! Nein, Dietmar, es ist besser, jetzt nicht ins Krankenhaus zu gehen!“
Sie standen vor dem Haupteingang des Krankenhauses Waldfriede in Zehlendorf – und Sandras Hände lagen verschränkt unterhalb ihres Bauches, auf ihrem Sakral-Chakra. Dietmar stapfte genervt neben ihr auf und ab und rauchte.
Sandra, ich habe mich zwei Stunden durch die Berliner Krankenhauscomputer gehackt, um rauszufinden, wo dieser Mike liegt und jetzt …“
Pass auf, 184 war die Zimmernummer, oder? Wir gucken uns die Situation erst mal von außen an!“
Sie liefen durch den Park zum Seitenflügel des Krankenhauses, hinter dem ein kleines Wäldchen begann. Dietmar scannte die Zimmernummern.
Hier, das muss es sein, erste Etage, da rechts. Wenigstens gibt’s ne Bank, so dass wir bequem glotzen können …“
Sie setzten sich und Sandra fragte:
Und, liegt er dort?“
Ja, ich denke, das ist er!“ Dietmar stellte sein Auge noch ein wenig schärfer: „Sieht alles ruhig aus, aber das wird sich ändern, wenn er die zwei-Eurostück großen Pockennarben auf seinem Bauch entdeckt! Von einer großen Energieentladung sehe ich allerdings noch nichts, er ist …“
Vielleicht können wir den Mike in unsere Hartz-Angels-Organisation einbinden. Er könnte uns zum Beispiel bei gefährlichen Aktionen beschützen...“
Wusste ich doch, dass du auf seine Mukies stehst!“
Quatsch! Nur wenn ich mir anhören muss, dass du dich von einem fünfundsechzigjährigen Nervenarzt überrumpeln lässt, dann ist doch klar, dass wir auf deine Elitesoldaten-Qualitäten nicht zählen können. Wir brauchen einen Mann im Team, der physisch etwas zu bieten hat! “
Ich bin ja auch der schlechteste Elitesoldat der Welt – das habe ich irgendwo auch schriftlich … Moment, er versucht sich aufzurichten!“

Nächsten Mittwoch geht es auf dieser Webseite weiter...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Mittwoch, 21. August 2013

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: In einer dramatischen Rettungsaktion gelang es Dietmar seine Schwester zu befreien. Diese Woche gibt es den Epilog dieses Abenteuers...

Ein paar Stunden später saßen Sandra und Dietmar erschöpft in ihrer Küche.
Das du mal für die CIA gearbeitet hast, hätte ich ja nicht gedacht ...“, murmelte Sandra müde.
Das war nicht freiwillig, ich wurde dazu gezwungen!“, protestierte Dietmar und schaute beschämt aus dem Fenster.
Aber seltsam, dass du als künftige Chakrenklempnerin Freds Hilferufe nicht als solche wahrgenommen hast“, versuchte er abzulenken.
Das war einfach zu real … Aber wo ist denn jetzt dieser komische Freak?“, murmelte Sandra.
Ach Fred … Während ich dich aus dem Flugzeug geholt habe, ist es ihm gelungen, sich in den Duty-Free Bereich zu schleichen, zu den liquid stores, klar. Und als ich mit dir im Arm aus der Eingangshalle kam, hat mir seine Jägi-Fahne mitgeteilt, dass die beiden sich entschlossen hätten, in die Karibik zu fliegen, wegen des Rums …Schade, ich hätte ihn gerne am Mittwoch zur Gründung meiner RZN eingeladen. Seine Fahne ist faszinierend!“
Kann ich mir immer noch nicht vorstellen. Egal, morgen werden wir zuallererst Mike einen Besuch abstatten!“
Ich nicht, ich muss mich ausruhen: Mein Körper muss erst mal diesen Narkotika-Jägermeister-Mix verdauen!“
Sandra lachte: „Nur mal keine Müdigkeit vortäuschen – wenn wir unser Hartz-Angel-Projekt nach vorne bringen wollen, müssen wir uns anstrengen!“
Du hast bis eben geratzt – ich habe eine ganztägige Rettungsaktion hinter mir ...“
Na, du bist eben ein richtiger Elitesoldat …
Von wegen! Aber Zwackelmann – den hätte ich eigentlich platt machen sollen!“
Du spinnst wohl! Hast du nicht gemerkt wie gefährlich sein Verein ist! Die lassen uns nur am Leben, so lange wir denen nicht in die Quere kommen“, flüsterte Sandra ängstlich.
Na, ob die ihn noch mit Freude begrüßen werden? “
Wieso?“
Heut morgen wollt ich dir doch eigentlich von meiner neuen Erfindung berichten, da hat es das erste Mal funktioniert.“
Aus Dietmars Sonnenbrille schoss plötzlich ein dünner, roter Laserstrahl, der eine schwarze Stelle in die Tischplatte schmorte.
Vorhin habe ich mir so ne Zigarette angezündet!“, verkündete er seiner Schwester stolz.
Wie beeindruckend! Da musst du ja aufpassen, das du keinen damit verletzt!“, kommentierte Sandra.
Ja eben, das wollt ich erzählen: Ich habe Zwackelmann vorhin ein „USA sucks“ in die Stirn gebrannt …“
Wenn deine Chakren ausgeglichen wären, dann hättest du solch alberne Racheaktionen gar nicht nötig.“
Dich kann auch gar nix von deinem Eso-Trip runter bringen…“, fluchte Dietmar leise. Der Kampf hatte anscheinend gerade erst begonnen …


Am nächsten Mittwoch schauen wir mal, wie es Mike geht...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Mittwoch, 14. August 2013

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Während Dietmar und Fred in der U-Bahn Schwarzfahrer helfen, ist seine Schwester Sandra zum Flughafen gebracht worden, um in die USA verschleppt zu werden...

Zufrieden blickte Dr. Zwackelmann aus dem kleinen Fenster in den Hangar für Privatflugzeuge: Ein triumphaler Tag ging zu Ende und er würde ihn mit diesem Flug gen Westen noch ein wenig verlängern.
Herr P. war nicht nur der Fahrer des Leichenwagens, mit dem sie die betäubte Röber zum Flughafen gebracht hatten, er war auch gleichzeitig der Pilot. Wenige, aber dafür fähige Angestellte, das zeichnete die Organisation aus. Zusammen hatten sie den Holzsarg über die schmale Treppe in die Cessna Citation X geschleppt und nun warteten sie auf die Startgenehmigung.

In fünfzehn Minuten werden wir in der Luft sein, dachte Zwackelmann, schritt an die Minibar und goss sich einen Martini ein.
Morgen bin ich im sonnigen Kalifornien, und meine Vertretung muss sich mit den nervigen Patienten herumschlagen!“ Er erinnerte sich an den gestrigen Tag:
Ich habe mir einen Nerv eingeklemmt …“
Wirklich, Frau Gritzner? Na, dann zeigen Sie mal her“.
Als er an Frau Gritzners Fettröllchen und Hängebrüste dachte, verzog er angewidert das Gesicht.
Oh, Gott, ich muss diese hässlichen deutschen Weiber aus meinen Kopf kriegen.“
Sein Blick viel auf die Kiste und er leerte einen zweiten Martini. In weiser Voraussicht hatte er zu P. gesagt, dass er nicht gestört werden wolle, und jetzt, wo die Arbeit getan war, könnte er sich doch ein bisschen Vergnügen gönnen …
Aber vorher sollte ich mich erst mal frisch machen. Haben diese Mühlen eigentlich eine Dusche an Bord?“
Er überlegte kurz, stellte das Glas ab, überquerte den Gang und öffnete die Tür zum mens room.
Bingo, sie haben …“, konnte er noch sagen, dann bohrten sich zwei Kanülen in seine Brust.
Endlich, ich dachte schon, ich müsste dich über dem Atlantik erledigen!“
Vor ihm stand Dietmar Röber, der mit aller Entschlossenheit den Inhalt der Spritzen in Zwackelmanns Brust versenkte.
Wie schmeckt die eigene Medizin?“, zischte Dietmar seinem Gegenüber entgegen und stieß ihn zurück in den Raum. Zwackelmann wankte nach hinten, stolperte und landete unsanft auf dem Teppich.
Mit den Spritzen noch in den Händen zertrümmerte Dietmar Zwackelmanns Nasenbein.
Verdammt, was hast du mir gegeben?“, stammelte Zwackelmann.
Wortlos zeigte Dietmar dem Arzt die leeren Spritzen.
Flunitrazepam! – Willst du mich umbringen?“
Das hängt vom Zustand meiner Schwester ab!“ Dietmar pfefferte die Kanülen in die Ecke und zog zwei Stricke aus seinem Gürtel.
Sie lebt, verdammt noch mal, sie lebt, ich würde ihr doch nie etwas antun!“
Blitzschnell fesselte Dietmar Zwackelmanns Hände und Füße.
Bete, dass du recht hast, sonst wird dein Sterben so grausam sein, das du dir wünschen wirst, du wärst nie geboren worden...“
Dietmar ließ von Zwackelmann ab, eilte zum Sarg und hob den Deckel an. Sandra lag ruhig und friedlich in der Holzkiste und Dietmar atmete auf, als er sah, das sich ihr Brustkorb regelmäßig auf und ab bewegte.
Dann wandte er sich wieder Zwackelmann zu:
Na, Doc, wie geht es uns, du machst so einen schlaffen Eindruck …! Du warst doch vorhin so interessiert an den Fähigkeiten meines Glasauges – die Kugel ist vielleicht alt, aber sicherlich immer noch ´State of the Art´. Ich werds dir zeigen …“
Er beugte sich über den schon halb weg getretenen Arzt und präsentierte ihn das neueste Feature seines Wunderauges. Ein entsetzliches Wimmern war das Einzige, was Zwackelmann ihm entgegenzusetzen hatte.
Kurz bevor Dietmar fertig war, hörte er ein Piepen im Hinterteil des Flugzeugs.
Die Treppe, jetzt schnell!“ Er zerrte seine Schwester aus dem Sarg und hievte sie sich über die rechte Schulter.
Ein letztes Mal fiel sein Blick auf den röchelnden Mediziner.
Ach, nichts für ungut,“ murmelte er, griff sich an den Gürtel, beugte sich stöhnend hinunter, rammte Zwackelmann eine weitere Spritze in die Brust und drückte ihm die Flüssigkeit ins Gewebe.
Ein Antidot gegen eine Überdosis Flunitrazepam: Jägermeister, so etwas wie ein Naturrezept!“, sagte er, sprintete nach hinten auf die sich langsam schließende Treppentür zu und landete mit einem riesigen Satz auf dem harten Beton der Flugzeughalle.

Am nächsten Mittwoch geht es weiter...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Mittwoch, 7. August 2013

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Fred und Dietmar probieren Sandra zu retten...

Nur wenig später saßen die beiden in der U-Bahn. Dietmar versuchte zu verdrängen, in welcher Gefahr sich Sandra befand.
Deine Jägi-Fahne ist echt beeindruckend!“, lobte er Fred.
Finste? Sie is win kleenes kind tut allet ufschnappen und nachmachn …“
Vielleicht komm ich auf deine Hilfe noch mal zurück.“
Schön, ick tu jern helfn …“
Sie fuhren in den U-Bahnhof Alexanderplatz ein. Die meisten Fahrgäste stiegen aus, fast ebenso viele wieder ein, aber dennoch entdeckte Dietmar unter den Neuzugängen zwei Gestalten, die ihn sofort misstrauisch werden ließen. Er scannte sie kurz durch, kritzelte etwas auf einen Zettel und drückte ihn Fred in die Hand.
Na los, lass deine Fahne mal machen!“
An die Fahrgäste aus dem dritten Wagen,“ tönte es aus den Lautsprechern, „In Ihren Wagen sind grade ein Mann mit einer blauen Jacke und ein Blonder mit Brille eingestiegen. Das sind Kontrolleure. Schwarzfahrer, bitte diesen Wagen verlassen, Schwarzfahrer bitte diesen Wagen verlassen ...“

Einen Moment herrschte irritierte Stille, dann lachten einige Fahrgäste laut auf und drei Schwarzfahrer stürmten aus der Mitteltür. Hinter ihnen schob sich eine alte Frau mit ihrer Gehhilfe aus der U-Bahn: Dietmar kannte sie von der Berliner Tafel, wo sie stets versuchte, eine Weißbrotscheibe extra für ihren Wellensittich abzuzwacken. Wie hätte die sich ein Ticket leisten können?
Die beiden Kontrolleure schauten sich ungläubig an.
Zurückbleiben!“, kam es aus den Lautsprechern in der exakt selben Stimmlage, dann knallten die Türen zu und der Zug fuhr an.
Schick mal das hinterher, als Erklärung“, sagte Dietmar und reichte Fred einen weiteren Zettel.
Peter Körfer, du blonde Brillenschlange, weißt du noch, wir sind zusammen in eine Klasse gegangen und in der Elften hast du mir die Maike ausgespannt! Deinetwegen bin ich durchs Abi gefallen und U-Bahnfahrer geworden. Also vergiss es, Peter, in meinen Zügen wirst du keine Schwarzfahrer abgreifen!“




Am nächsten Mittwoch geht es weiter...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann