Hartz Four - eine Superhelden-Kurzgeschichten-Saga


Seit Jahren sind Hartz-IV-Empfänger die Deppen der Nation. Ob in Ein-Euro-Jobs als billige Arbeitskräfte missbraucht oder vom Jobcenter schikaniert – immer müssen Hartzies herhalten. Doch jetzt treten vier Superhelden in Berlin-Neukölln an die Seite der Armen und Entrechteten: Hartz – Four!

Dietmar Röber


Dietmar

Sandra Röber


Mike Matschke


Fred


Der Boss der Truppe verlor bei einem Unfall sein rechtes Auge. Das Glasauge, das man ihm dafür einsetzte, befähigt ihn nun durch Gegenstände schauen zu können...Dietmars kleine Schwester ist mit allen esoterischen Wassern gewaschen! Häufig sind es ihre prophetischen Träume, die der Hartz-Four Gruppe zeigen, welche arme Hartz-IV-Seele gerade Hilfe braucht.Seit einem allergischen Anfall verfügt dieser Bodybuilder über enorme physische Kräfte, die er allerdings nicht immer kontrollieren kann.Diesem Vollbluttrinker ist es gelungen seine Alkoholfahne zu domestizieren: Diese kann sich unsichtbar durch Räume bewegen und Stimmen imitieren - Sie ist das heimliche fünfte Mitglied des Hartz Four - Clans...



Dienstag, 11. Dezember 2012

Liebe Hartz-Four-Fangemeinde,

wie ihr letzte Woche lesen konntet, ist die Gründungsphase der vier Superhelden jetzt abgeschlossen. Ich habe überlegt, wie es nun weitergeht und bin zu folgenden Erkenntnissen gekommen:

a) Hartz-Four brauchen eine kleine Pause, verabschieden sich in die Weihnachtsferien und gehen mit neuem Material im neuen Jahr wieder online.
b) Ich habe parallel an Hartz-Four-Hörspielfassungen gearbeitet und möchte diese produzieren und im nächsten Jahr veröffentlichen. Die erste ist für Januar geplant...
c) Es gibt einige Texte, die sich mit den Themen HartzIV, Arbeit und Grundeinkommen beschäftigen – diese werde ich in loser Reihenfolge als Off-Topic-Beiträge online stellen.
d) Da ich häufiger Mails bekomme von Leuten, die keine Lust haben sich an den Beginn der Gründungssaga zu klicken, werde ich sie noch einmal wiederholen.


Ich wünsche Euch ein spannendes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr,
Georg Weisfeld

Dienstag, 4. Dezember 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Letzte Woche wurde Hartz-Four gegründet – jetzt gilt es sich um eine ehemalige Supermarktverkäuferin zu kümmern...

Janet Krause öffnete die Augen. Grelles Licht schien ins Wohnzimmer, die DVD-Player-Anzeige switschte von 11 Uhr 32 zu 11 Uhr 33. Sie lag im Bademantel auf der Couch.
Seit anderthalb Wochen war sie nun arbeitslos und es war nicht die erste Nacht, in der sie vor dem Fernseher eingeschlafen war.
Sie richtete sich auf, griff in die Chipstüte und schlurfte crunchend Richtung Bad. Vor der Klotür blieb sie wie versteinert stehen: Im Flur lag ein großes Paket.
Wie kommt das denn hier her? Soll ich die Polizei rufen?“, schoss es ihr durch den Kopf.
Doch die Neugier war zu groß und sie riss das Klebeband ab: Treueherzen! 46 Rollen Treueherzen! Als sie noch gearbeitet hatte, hatte sie die kleinen Papierherzen tausendfach an Kunden verteilt.
Aber wer hatte das Paket in ihre Wohnung geschmuggelt? War das wieder so eine Aktion wie die mit dieser scheiß Erdnussschale?

Nach der Gründung der Hartz-Four hatte es eine lebhafte, politisch nicht immer korrekte Diskussion gegeben, wie mit dem Fall „Krause“ umzugehen sei.
Die soll flaschn sammln jehn!“, forderte Fred.
Nein,“ entgegnete Dietmar, „sie ist jetzt ein Schützling von uns und sie braucht ein Startkapital. Wenn wir sie mit Pfandflaschen versorgen, vergrößern wir nur den Wettbewerb auf dem Markt. Außerdem braucht sie eine Währung, mit der sie was anfangen kann... Sie bekommt von uns diese Treuepunkte ...“
Herzen, Treueherzen!“, rief Sandra.
Richtig! Man kann die Dinger gegen irgendwelches Edelbesteck und Geschirr und so eintauschen. Für dreißig Treueherzen bekommt man z.B. ein Latte Macchiato-Set. Mit anderen Worten: Mittelschichtler haben durch diese Treueherzen die Möglichkeit, ein bisschen Oberschicht zu spielen. Und obwohl die Krause mittlerweile in der Unterschicht ankommen ist, hat sie bestimmt noch einige Freundinnen aus der Mittelschicht, von denen sie früher um Treueherzen angebettelt worden ist. Jetzt, in Zeiten der Not, sollen diese Treueherzen ihr Startkapital werden.“

Ob das Paket etwas mit ihrem Traum zu tun hatte?, fragte sich Frau Krause, als sie beglückt, aber ratlos auf die Papierrollen schaute.
Auch in der letzten Nacht war es ihr erst nach etlichen tränenreichen Telefonaten gelungen, sich in den Schlaf zu heulen. Keine Chance, da auch noch Freds Jägi-Fahne einzunorden, die sich in ihr Schlafzimmer geschlichen hatte!
Du hast vielleicht deinen Job verloren“, raunte ihr der kleine Flaschengeist zu, „aber dafür vier Freunde gewonnen …“
Vor Janets halb geöffneten Augen verdichtete sich die Alkoholwolke für den Bruchteil einer Sekunde zu einem feinen Nebel, der, beleuchtet vom Mondlicht, ein Herz in die Luft zeichnete. Dann wurde die Fahne wieder transparent und flüsterte: „Wir sind treu – bis zu deiner nächsten Festanstellung.“

Das Telefon klingelte – Birgit? Ob sie ihr das erzählen sollte? Aber ging nicht! Selbst wenn das eine Falle war: Mehr als einmal feuern geht nicht! Und außerdem war Birgit doch schon lange scharf auf das Messerset, das es bei Kaisers für schlappe 50 Treueherzen gab...

Die legendäre Gründungssaga der Hartz-Four-Truppe ist hiermit beendet. Wie geht es nächsten Dienstag weiter?

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann


Dienstag, 27. November 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Auch Mike wurde nach seiner Transformation von Dietmar und Sandra gerettet...

Liebe Genossinnen und Genossen, schön, dass Ihr so zahlreich erschienen seid, um gemeinsam mit mir die ,Rote Zelle Neukölln, zu gründen, die ein starkes Bollwerk gegen die imperialistischen Kräfte in unserem Bezirk bilden wird.
Viel zu lange ist die arbeitende Bevölkerung von der kapitalistischen Klasse ausgebeutet worden – jetzt ist es an der Zeit, den revolutionären Funken in diesem Stadtteil zu entzünden …“
Dietmar nahm einen Schluck aus seinem Wasserglas.
Sandra schaute ihren Bruder mitleidig an: Immer wenn er sich mit Politik beschäftigte, wurde er furchtbar bieder und litt unter Realitätsverlust.
„… Wie in den Flugblättern bereits erläutert, wollen wir uns mit den späten Schriften des Genossen Lenins beschäftigen, um dann eine praktische Umsetzung seiner Theorien in unserem Bezirk voranzutreiben. Doch jetzt freue ich mich, das Wort an die designierte 2. Vorsitzende der Roten Zelle Neukölln zu übergeben: Sandra Röber, bitte Sandra …“
Äh, Moment, ich habe gar nicht gesagt, dass ich bei deinem Verein mitmache!“
Aber warum bist du dann hier?“
Weil du deine Gründungsveranstaltung in unserem Wohnzimmer abhältst! Dasselbe gilt für Mike, der grade auf unserem Sofa lebt, weil er nicht nach Hause kann und für Fred, der in unserem Couchsessel schläft, weil er sonst kein Dach über dem Kopf hat. Lass uns doch mal über meine Idee sprechen!“
Also, Dietmar,“ warf Mike ein, „wenn du für deinen Verein eine 2. Vorsitzende brauchst, dann würde ich das machen. Du hast mich hier schlafen lassen, da würde ich mich gern bedanken und die 2. Vorsitzende spielen …“
Gut, das notiere ich hier mal … 2. Vorsi…“
Dietmar, deinen Kommi-Club kannst du doch auch später noch machen!“, funkte Sandra verärgert dazwischen.
Wie wir Mike schon erzählt haben: Dietmar und ich haben eine Hilfsorganisation für Hartz-IV-Empfänger gegründet – die Hartz-Angels, und wir könnten da Verstärkung gebrauchen: Euch beide!“
Wir sind dabei!“, sagte die Jägi-Fahne.
Du bis der chef, mein schatz …“, nuschelte Fred.
Schön...und, Mike, was ist mit dir?“
Ähm …ja, ich würde ja gern bei euch mitmachen, aber ich kann nicht: Ich fresse verbotene Eiweißpräparate, habe den Arsch voller Schulden und mich seit Tagen nicht bei meinen Fallmanager gemeldet, mit andern Worten: Ich habe mich strafbar genug gemacht, da kann ich nicht auch noch in eine kriminelle Vereinigung eintreten …“
Wir sind doch keine kriminelle Vereinigung!“
Hört man doch immer wieder im Fernsehen: Die Hartz Angels …“
Du meinst die Hells Angels“, sagte Dietmar. „Das stimmt, die sind richtig kriminell: Einer der Chefs soll sich sogar mal mit unserem Alt-Bundeskanzler Schröder getroffen haben.“
Aber vielleicht ist der Name wirklich nicht passend …“, überlegte Sandra. Sie sah sich die Runde an.
Alscho was haaltet ihr von ... von …“, kam von Fred – und aus dem Nichts ergänzte die Jägi-Fahne: „Hartz-Four?“


Hartz-Four wurde gegründet, am nächsten Dienstag geht es weiter...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Dienstag, 20. November 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Dietmar und Sandra sitzen auf einer Parkbank direkt unter Mikes Krankenzimmer. Mike hat derweil Post von seinem ehemaligen Arbeitgeber, einem Zehlendorfer Anwalt, bekommen...

Mühsam setzte Mike seinen massigen Körper in Bewegung und griff nach dem Brief seines Arbeitgebers.
Herr Klausen will mir bestimmt gute Besserung wünschen“, dachte er sich, riss mit seinen klobigen Pranken das Briefcouvert auf und begann zu lesen:

Sehr geehrter Herr Matschke,
mit Bedauern mussten meine Frau und ich feststellen, dass das Ihnen von uns entgegengebrachtes Vertrauen auf schändliche Art und Weise missbraucht wurde. Meine Frau hat Ihnen eindringlich erläutert, wie labil unsere Tochter Patrizia im Moment ist, da sie grade die Prüfungen ihres „International Management and Economic“ Master Studiengangs absolviert. Doch anstatt Ihrer Aufgabe gerecht zu werden, sperren Sie unsere Tochter auf den Dachboden, um die Lebensmittel zu verkonsumieren, die für sie gedacht waren.
Wie Sie sich vorstellen können, wird Ihr Verhalten ein juristisches Nachspiel haben: Ich habe heute Morgen bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige wegen Nötigung gegen Sie gestellt. Weiter fordern wir Sie auf, die durch Ihr Verschulden verursachten Kosten, siehe Liste, innerhalb von 14 Tagen zu begleichen und auf das unten stehende Konto zu überweisen.

  1. Lebensmittel 13,48 €
  2. Verätzter Mahagoniboden 12.220,00 €
  3. 3 Bäume (Kirsche, Birke, Eberäsche) 3.578,00 €
  4. Schmerzensgeldforderung 3.000,00 €
Gesamtsumme: 18.798,00 €

Sollte die Gesamtsumme nicht fristgerecht auf unserem Konto eingehen, sehen wir uns gezwungen, zivilrechtliche Schritte gegen Sie einzuleiten.
Mit freundlichen Grüssen

Dr. jur. Klausen

P.S.: Damit wir uns nicht missverstehen: Wir sind keine geizigen Menschen: Sie hätten sich gerne eine Banane aus der Obstschale nehmen können – dass das hier noch mal ganz klar kommuniziert ist.“

Nee, keine Chance - das kann ich nicht entziffern, das ist zu weit weg!“, stellte Dietmar grade enttäuscht fest, als die beiden ein unmenschliches Röhren hörten, das aus dem Krankenhaus dumpf in den Park hinaus schallte. Es folgte ein zweiter, etwas schrillerer Schrei. Dietmar sprang auf und stammelte ehrfurchtsvoll: „Ist das der Mike?“.
Sie vernahmen ein Stampfen, dann barsten die Fensterscheiben von Mikes Krankenzimmer und ein Krankenbett flog in den Park.
Die beiden Geschwister duckten sich hinter die Bank und starrten fassungslos nach oben, wo eine kreischende Frauenstimme zu hören war. Kurz darauf knallte eine dicke Krankenschwester unsanft auf die demolierte Pritsche.
Und dann geschah etwas, was selbst den abgebrühten Dietmar Röber zur Salzsäule erstarren ließ: Eine riesige Gestalt schoss aus der ersten Stock des Krankenhauses und landete mit einem dumpfen Dröhnen direkt vor ihnen auf dem Rasen. Der massige, vor Muskelbergen überquellende Körper hatte nur noch entfernt menschliche Konturen, aus dem Kopf starrten zwei überproportionale Glupschaugen und in dem gigantischen Mund prangte ein furchterregendes Gebiss.
Ohne sie auch nur wahr zu nehmen sprang der Koloss mit einem riesigen Satz über die Bank und sprintete in Richtung Wald.
Das Beben nahm kontinuierlich ab und schon nach wenigen Sekunden war das Wesen in der anbrechenden Dämmerung zwischen den Bäumen nicht mehr auszumachen. Dietmars Glasauge lokalisierte Mike allerdings sofort: Der Riese riss im Dickicht Bäume aus und pfefferte sie wild durch die Gegend.
Oh Gott, er verschneidet wieder Pflanzen!“, murmelte Dietmar, während er beobachtete, wie der Koloss langsam an Tempo und Größe verlor.
Es ist tatsächlich Mike!“
Für ein paar Sekunden hockten sie regungslos hinter der Bank. Aus der Ferne erklang Sirenengeheul.

Komm!“, forderte Sandra Dietmar schließlich auf, „wir gehen hin.“
Du musst lebensmüde sei“, flüsterte er, schlich ihr aber ohne weiteren Widerstand hinterher.
Behutsam näherten sie sich ihrem Schützling bis auf etwa zwanzig Meter. Mike hatten sie noch nicht bemerkt. Er ließ den Kopf hängen und war offensichtlich dabei zu ergründen, was da gerade mit ihm passiert war.
Hallo?“, sagte Sandra vorsichtig, aber bestimmt.
Mike schoss herum, „Äh, ja, ehm, hallo …Äh, das hier mit den Bäumen, dass war ich nicht, das mit den Bäu … Oh Scheiße …!“ Er bemerkte, dass er komplett nackt war und versuchte, sein Gemächt mit den Händen zu bedecken.
Du musst dich nicht rechtfertigen! Wir, also der Dietmar und ich, ich bin die Sandra, wir haben Verständnis für deine Situation, wir sind die Hartz-Angels, wir setzen uns für Hartz-IV-Empfänger ein. Und du musst dich auch deiner Nacktheit nicht schämen: Du stehst hier vor uns, wie unsere große Schöpferin uns alle auf die Erde gesandt hat. “
Also so bin ich nicht auf die Welt gekommen!, warf Dietmar ein.
Halt den Mund!“
„ – Es ist ähm ... Wenn du dich nicht von den konventionellen sexuellen Tabus löst, baust du unnötige Energieblockaden auf!“
Ich fände es ganz gut wenn er seine Energie ein wenig blockieren würde ...“
Schnauze, Dietmar! – Mike, entspann dich...“
Das einfühlsame Wesen Sandras und ihre warmen Schwingungen ließen Mikes naives Wesen sofort Vertrauen gewinnen und er berichtete freigiebig von der ungerechten Behandlung durch seinen Arbeitgeber. Immer wieder versuchte er seinen Penis zu verdecken, aber wenn er seine durch den Bizeps sowieso verkürzten Arme strecken wollte, schwoll seine Brust an und drückte die Arme nach außen. Schließlich beugte er sich und klemmte sein kleines Bodybuildergemächt zwischen die muskulösen Beine.
18.000 Euro …“, erwähnte Dietmar beiläufig, nachdem er Mikes Verrenkungen eingehend studiert hatte, „und wenn ich mir dein Krankenzimmer so vorstelle, kommt da bestimmt noch mal das Dreifache drauf …“
Dietmar, sein still!“, fauchte ihn Sandra an, doch es war schon zu spät: Mike begann sich unter entsetzlichem Stöhnen erneut zu transformieren: Beine und Arme dehnten sich aus und aus dem Oberkörper beulten sich Muskelmassen nach vorn …
Sandra und Dietmar sprangen entsetzt ein Stück zurück.
Mike, entspann dich …Tief atmen, ganz tief atmen!“, brüllte Sandra, aber Mike wuchs weiter.
Jetzt hilft nur noch Super-Power-Reiki“, murmelte sie, begann Formeln zu flüstern und spürte wie ihre weiße Energie auf Mikes Furor-Energie traf. Innerhalb von Sekunden hatte sie Mikes Herz erreicht und er begann erneut zu schrumpfen …
Doch offensichtlich waren die ständigen Transformationen für Mikes Organismus nun endgültig zu viel. Als er wieder Normalgröße erreicht hatte, kippte er bewusstlos zur Seite.
Da Feuerwehr und Polizei immer deutlicher vernehmbar wurden, entschied Sandra spontan: „Komm, wir nehmen ihn erst mal mit zu uns – die Bullen werden die riesigen Fußabdrücke entdecken und ihn hier finden!“
Ich will ja nichts sagen, aber dir ist schon bewusst, dass unser Freund unsere Wohnung in eine Ruine verwandeln wird, sobald er sich aufplustert?“
Du musst dein loses Mundwerk halten, dann wird Mike auch ruhig bleiben … Wir haben ein ganz anderes Problem: Er ist nackt! Wird ziemlich schwierig, mit ihm U-Bahn zu fahren.“
Am U-Bahnhof ist eine Altkleidersammlung, da ziehen wir ein paar Designerklamotten raus – schließlich sind wir hier in Zehlendorf!“
Okay, und bis dahin darfst du ihn tragen, du bist schließlich hier der Elitesoldat!“
Stöhnend hievte sich Dietmar das Muskelpaket Mike auf die Schultern und sie machten sich auf den Weg in ihre Neuköllner Wohnung.

Am nächsten Dienstag geht es weiter...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Dienstag, 13. November 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Sandra und Dietmar wollen Mike im Krankenhaus besuchen...

Mike öffnete langsam die Augen und nahm verschwommen die Zimmerdecke seines Krankenzimmers wahr. Er war bereits vor einigen Stunden zu Bewusstsein gekommen und hatte mit an gehört, wie sich zwei Ärzte über seinen Gesundheitszustand unterhalten hatten: Die von Mike regelmäßig konsumierten Anabolika und die in den Garnelen enthaltenen Aminosäuren hätten in seinem Körper reagiert – die Heftigkeit der Reaktion war allerdings auch für die Ärzte unerklärlich.
Am Mittag hatte ihm dann Rudi, sein Fitnesskumpel, einen Besuch abgestattet, der allerdings sehr kurz verlaufen war, da Mike noch nicht sprechen konnte:
Mensch Mike, was machst du denn für Sachen? … Ähm … Ähm... Hab dir die Post, die B.Z. und dein BodyXtreme-Magazin mitgebracht – nich, dass du hier vor Kummer eingehst ...“
Mühsam drehte Mike seinen Kopf zur Seite und sah zum Nachtisch. Im Adressfeld des Briefs stand oben links ganz klein als Absender: Dr. Klausen.


Wie, du willst da nicht reingehen?“
Ich spüre Unmengen an Energie, die sich bald entladen werden! Nein, Dietmar, es ist besser, jetzt nicht ins Krankenhaus zu gehen!“
Sie standen vor dem Haupteingang des Krankenhauses Waldfriede in Zehlendorf – und Sandras Hände lagen verschränkt unterhalb ihres Bauches, auf ihrem Sakral-Chakra. Dietmar stapfte genervt neben ihr auf und ab und rauchte.
Sandra, ich habe mich zwei Stunden durch die Berliner Krankenhauscomputer gehackt, um rauszufinden, wo dieser Mike liegt und jetzt …“
Pass auf, 184 war die Zimmernummer, oder? Wir gucken uns die Situation erst mal von außen an!“
Sie liefen durch den Park zum Seitenflügel des Krankenhauses, hinter dem ein kleines Wäldchen begann. Dietmar scannte die Zimmernummern.
Hier, das muss es sein, erste Etage, da rechts. Wenigstens gibt’s ne Bank, so dass wir bequem glotzen können …“
Sie setzten sich und Sandra fragte:
Und, liegt er dort?“
Ja, ich denke, das ist er!“ Dietmar stellte sein Auge noch ein wenig schärfer: „Sieht alles ruhig aus, aber das wird sich ändern, wenn er die zwei-Eurostück großen Pockennarben auf seinem Bauch entdeckt! Von einer großen Energieentladung sehe ich allerdings noch nichts, er ist …“
Vielleicht können wir den Mike in unsere Hartz-Angels-Organisation einbinden. Er könnte uns zum Beispiel bei gefährlichen Aktionen beschützen...“
Wusste ich doch, dass du auf seine Mukies stehst!“
Quatsch! Nur wenn ich mir anhören muss, dass du dich von einem fünfundsechzigjährigen Nervenarzt überrumpeln lässt, dann ist doch klar, dass wir auf deine Elitesoldaten-Qualitäten nicht zählen können. Wir brauchen einen Mann im Team, der physisch etwas zu bieten hat! “
Ich bin ja auch der schlechteste Elitesoldat der Welt – das habe ich irgendwo auch schriftlich … Moment, er versucht sich aufzurichten!“

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Dienstag, 6. November 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Fred wollte in die Karibik auswandern und die Röbers sind wieder in ihrer beschaulichen Neuköllner Wohnung. Heute wollen sie sich nun endlich um Mike kümmern...

Madame, das Frühstück ist angerichtet …“
Sandra riss die Augen auf.
Das Frühstück ist angerichtet, Madame…“
Dietmar!!!“ Sie sprang aus dem Bett und hechtete in die Küche.
Ich habe eben wieder diese Stimme in meinem Kopf gehö …“
Ah, da bist du ja …“ Neben ihrem Bruder saß ein älterer Mann am Tisch – und tatsächlich war zum Frühstück gedeckt.
Fred hat seine Jägi-Fahne geschickt, um dich zu wecken. Es ist halb drei! Ich weiß, dass du hast einiges abbekommen hast, aber trotzdem sollten wir langsam mal frühstücken!“
Äh … ach so. Ich zieh mir nur kurz was an …“

Fünf Minuten später saßen sie alle drei am Tisch und Dietmar berichtete:
Freds Ausreise nach Übersee hat nicht geklappt, er stand heute Nacht um zwei vor unserer Wohnungstür.“
Meine jägi-fahne hat sich den mund fusslich jeredet, aba... Naja, zu erst hat se bei der check-in frau anjeklinlt, und so von wegn, da is ne total vavalosta mann ohne ticket und ohne pass aba wichtich, der muss mit. Aba die hat ihern chef anjerufn. Dann hat mehne klenne den pilotn anjefunkt, hat jesagt, das da nenn total wichtcha mann is, der zwar besoffn aussieht aba wichtich ebent, und der geht nich mit den andan passagieren an bord, sondan mitn pilotn aba der hat och sein chef anjerufen. Naja und dann wa ick böse, hab mir den in dutifree gekofften jack daniels hintajeklemmt und hab die jägi-fahne in dit cockpit jeschickt. Und dort hat se so nach rum jestunken, bis der pilot zum copilotn jesacht hat, dit er sich weigan tut mit nem alkoholisiertn kompagnon nen intacontinentalflug zu machen. Ick glob die sten imma noch uff der rollbahn...

Wartet mal kurz!“
Dietmar richtete sein Auge auf die Wohnungstür.
Es klingelte.
Seid still! Ich habs doch gewusst: Das ist so ein GEZ-Schnüffler! Jetzt schön ruhig sein, dann zieht der Typ von alleine wieder ab …“
Es klingelte ein weiteres Mal.
Der geht bestimmt gleich zu Sabine hoch“, sagte Sandra
Die ist doch auf Hartz IV und befreit, oder?“
Ja, schon, aber die hat ab und zu Jobs, da wird dann gleich GEZ kassiert. Und das bei ner alleinerziehenden Mutter! Aber die is clever und macht bestimmt nicht auf … So, können wir jetzt weiter machen? Wir müssen gleich einem Hartz-IV-Opfer einen Krankenbesuch abstatten und …“
Dietmar schielte mit seinem Glasauge in den vierten Stock.
Moment: Sabine ist nicht da – ich sehe nur ihren Sohn, der vor der Glotze hängt …“
Das ist der Fabian, oh je, der ist grade in so einer Scheiß-Egal-Phase, hat sie erzählt, typisch Teenager. Der macht bestimmt auf und lässt auch noch den Fernseher weiter laufen!“
Der Kontrolettie klingelt gleich!“, zischte Dietmar aufgeregt.
Wir müssen Fabian anrufen, aber ich habe die Nummer nicht.“
Schik di jägi-fahne!“, rief Fred.

Zwei Sekunden später klingelte im vierten Stock das Telefon. Fabian Schmidt konnte den Ton nicht zuordnen, aber da er die Nacht durchgekifft hatte, ließ er sich davon nicht stören und hob den Hörer ab.
Schmidt.“
Hier ist Gülschen, aus dem Haus von gegenüber.“
Kenn ich nicht, müssense sich verwählt haben …“
Nein, nein! Mein Vater hat zu mir gesagt, dass du misch immer beobachten tust, wenn isch Abends mein Kopftuch ablege …“
Äh, sorry, ich … ich doch nicht!“
Warte! Er sagt, dass er jetzt rüber macht, um dir Fresse zu polieren ...“
In diesem Moment klingelte es an der Tür.
Fabian stand für einige Sekunden bewegungslos im Wohnzimmer.
Ähh … pass mal auf, Gülschen, ich geh jetzt zur Tür und sage deinem Paps, dass ich dich nie begafft habe und och nich auf Kopftuchmädchen stehe …“
Wieder klingelte es an der Wohnungstür.
Warte, bitte, warte …Ich bin gar kein richtiges Kopftuchmädchen, eigentlisch, eigentlisch bin ich total die Türken-Bitch. Nur weil wir Kopftuch tragen, heißt nisch, das wir nisch geil werden, verstehst du? Ich hab disch auf Straße gesehen. Isch hab grad nur Kopftuch und Strapsen an und weil isch an disch denk, sind meine Nippel hart. Aber bitte, nicht zu Tür gehen, nix mein Vater sagen …“
Fabian musste schlucken und ließ sich auf einen Stuhl gleiten.
Wie … ähm, wie siehst du denn sonst so aus?“, fragte er schüchtern.
Isch hab braune Augen, bin 1,80 groß, schlank, oh isch muss auflegen …“
Warte, wann können wir uns sehen?“, hauchte Fabian in den Hörer.
Geht nisch, nächste Woche ich Zwangsverheiratung – muss auflegen, ein von mein Bruder ist gekommen, muss Burka über Strapsen ziehen …“

Der Schnüffler zieht ab!“, konstatierte Dietmar.
Ich weiß nicht wie, aber das hast du gut gemacht, Fred!“, lobte Sandra.
Oh je, Dietmar, wir müssen jetzt wirklich los!“
Na gut, aber ich muss erst noch im Netz schauen, wo Mike liegt.“
Dann mach, aber pronto! Fred willst du mitkommen?“
An sich jerne, aba mein karibiktraum is noch nich ausjeträumt – heute probier ichs in tegel...“
Nächsten Dienstag geht es auf dieser Webseite weiter...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Dienstag, 30. Oktober 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: In einer dramatischen Rettungsaktion gelang es Dietmar seine Schwester zu befreien. Diese Woche gibt es den Epilog dieses Abenteuers...

Ein paar Stunden später saßen Sandra und Dietmar erschöpft in ihrer Küche.
Das du mal für die CIA gearbeitet hast, hätte ich ja nicht gedacht ...“, murmelte Sandra müde.
Das war nicht freiwillig, ich wurde dazu gezwungen!“, protestierte Dietmar und schaute beschämt aus dem Fenster.
Aber seltsam, dass du als künftige Chakrenklempnerin Freds Hilferufe nicht als solche wahrgenommen hast“, versuchte er abzulenken.
Das war einfach zu real … Aber wo ist denn jetzt dieser komische Freak?“, murmelte Sandra.
Ach Fred … Während ich dich aus dem Flugzeug geholt habe, ist es ihm gelungen, sich in den Duty-Free Bereich zu schleichen, zu den liquid stores, klar. Und als ich mit dir im Arm aus der Eingangshalle kam, hat mir seine Jägi-Fahne mitgeteilt, dass die beiden sich entschlossen hätten, in die Karibik zu fliegen, wegen des Rums …Schade, ich hätte ihn gerne am Mittwoch zur Gründung meiner RZN eingeladen. Seine Fahne ist faszinierend!“
Kann ich mir immer noch nicht vorstellen. Egal, morgen werden wir zuallererst Mike einen Besuch abstatten!“
Ich nicht, ich muss mich ausruhen: Mein Körper muss erst mal diesen Narkotika-Jägermeister-Mix verdauen!“
Sandra lachte: „Nur mal keine Müdigkeit vortäuschen – wenn wir unser Hartz-Angel-Projekt nach vorne bringen wollen, müssen wir uns anstrengen!“
Du hast bis eben geratzt – ich habe eine ganztägige Rettungsaktion hinter mir ...“
Na, du bist eben ein richtiger Elitesoldat …
Von wegen! Aber Zwackelmann – den hätte ich eigentlich platt machen sollen!“
Du spinnst wohl! Hast du nicht gemerkt wie gefährlich sein Verein ist! Die lassen uns nur am Leben, so lange wir denen nicht in die Quere kommen“, flüsterte Sandra ängstlich.
Na, ob die ihn noch mit Freude begrüßen werden? “
Wieso?“
Heut morgen wollt ich dir doch eigentlich von meiner neuen Erfindung berichten, da hat es das erste Mal funktioniert.“
Aus Dietmars Sonnenbrille schoss plötzlich ein dünner, roter Laserstrahl, der eine schwarze Stelle in die Tischplatte schmorte.
Vorhin habe ich mir so ne Zigarette angezündet!“, verkündete er seiner Schwester stolz.
Wie beeindruckend! Da musst du ja aufpassen, das du keinen damit verletzt!“, kommentierte Sandra.
Ja eben, das wollt ich erzählen: Ich habe Zwackelmann vorhin ein „USA sucks“ in die Stirn gebrannt …“
Wenn deine Chakren ausgeglichen wären, dann hättest du solch alberne Racheaktionen gar nicht nötig.“
Dich kann auch gar nix von deinem Eso-Trip runter bringen…“, fluchte Dietmar leise. Der Kampf hatte anscheinend gerade erst begonnen …


Am nächsten Dienstag schauen wir mal, wie es Mike geht...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Dienstag, 23. Oktober 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Während Dietmar und Fred in der U-Bahn Schwarzfahrer helfen, ist seine Schwester Sandra zum Flughafen gebracht worden, um in die USA verschleppt zu werden...

Zufrieden blickte Dr. Zwackelmann aus dem kleinen Fenster in den Hangar für Privatflugzeuge: Ein triumphaler Tag ging zu Ende und er würde ihn mit diesem Flug gen Westen noch ein wenig verlängern.
Herr P. war nicht nur der Fahrer des Leichenwagens, mit dem sie die betäubte Röber zum Flughafen gebracht hatten, er war auch gleichzeitig der Pilot. Wenige, aber dafür fähige Angestellte, das zeichnete die Organisation aus. Zusammen hatten sie den Holzsarg über die schmale Treppe in die Cessna Citation X geschleppt und nun warteten sie auf die Startgenehmigung.

In fünfzehn Minuten werden wir in der Luft sein, dachte Zwackelmann, schritt an die Minibar und goss sich einen Martini ein.
Morgen bin ich im sonnigen Kalifornien, und meine Vertretung muss sich mit den nervigen Patienten herumschlagen!“ Er erinnerte sich an den gestrigen Tag:
Ich habe mir einen Nerv eingeklemmt …“
Wirklich, Frau Gritzner? Na, dann zeigen Sie mal her“.
Als er an Frau Gritzners Fettröllchen und Hängebrüste dachte, verzog er angewidert das Gesicht.
Oh, Gott, ich muss diese hässlichen deutschen Weiber aus meinen Kopf kriegen.“
Sein Blick viel auf die Kiste und er leerte einen zweiten Martini. In weiser Voraussicht hatte er zu P. gesagt, dass er nicht gestört werden wolle, und jetzt, wo die Arbeit getan war, könnte er sich doch ein bisschen Vergnügen gönnen …
Aber vorher sollte ich mich erst mal frisch machen. Haben diese Mühlen eigentlich eine Dusche an Bord?“
Er überlegte kurz, stellte das Glas ab, überquerte den Gang und öffnete die Tür zum mens room.
Bingo, sie haben …“, konnte er noch sagen, dann bohrten sich zwei Kanülen in seine Brust.
Endlich, ich dachte schon, ich müsste dich über dem Atlantik erledigen!“
Vor ihm stand Dietmar Röber, der mit aller Entschlossenheit den Inhalt der Spritzen in Zwackelmanns Brust versenkte.
Wie schmeckt die eigene Medizin?“, zischte Dietmar seinem Gegenüber entgegen und stieß ihn zurück in den Raum. Zwackelmann wankte nach hinten, stolperte und landete unsanft auf dem Teppich.
Mit den Spritzen noch in den Händen zertrümmerte Dietmar Zwackelmanns Nasenbein.
Verdammt, was hast du mir gegeben?“, stammelte Zwackelmann.
Wortlos zeigte Dietmar dem Arzt die leeren Spritzen.
Flunitrazepam! – Willst du mich umbringen?“
Das hängt vom Zustand meiner Schwester ab!“ Dietmar pfefferte die Kanülen in die Ecke und zog zwei Stricke aus seinem Gürtel.
Sie lebt, verdammt noch mal, sie lebt, ich würde ihr doch nie etwas antun!“
Blitzschnell fesselte Dietmar Zwackelmanns Hände und Füße.
Bete, dass du recht hast, sonst wird dein Sterben so grausam sein, das du dir wünschen wirst, du wärst nie geboren worden...“
Dietmar ließ von Zwackelmann ab, eilte zum Sarg und hob den Deckel an. Sandra lag ruhig und friedlich in der Holzkiste und Dietmar atmete auf, als er sah, das sich ihr Brustkorb regelmäßig auf und ab bewegte.
Dann wandte er sich wieder Zwackelmann zu:
Na, Doc, wie geht es uns, du machst so einen schlaffen Eindruck …! Du warst doch vorhin so interessiert an den Fähigkeiten meines Glasauges – die Kugel ist vielleicht alt, aber sicherlich immer noch ´State of the Art´. Ich werds dir zeigen …“
Er beugte sich über den schon halb weg getretenen Arzt und präsentierte ihn das neueste Feature seines Wunderauges. Ein entsetzliches Wimmern war das Einzige, was Zwackelmann ihm entgegenzusetzen hatte.
Kurz bevor Dietmar fertig war, hörte er ein Piepen im Hinterteil des Flugzeugs.
Die Treppe, jetzt schnell!“ Er zerrte seine Schwester aus dem Sarg und hievte sie sich über die rechte Schulter.
Ein letztes Mal fiel sein Blick auf den röchelnden Mediziner.
Ach, nichts für ungut,“ murmelte er, griff sich an den Gürtel, beugte sich stöhnend hinunter, rammte Zwackelmann eine weitere Spritze in die Brust und drückte ihm die Flüssigkeit ins Gewebe.
Ein Antidot gegen eine Überdosis Flunitrazepam: Jägermeister, so etwas wie ein Naturrezept!“, sagte er, sprintete nach hinten auf die sich langsam schließende Treppentür zu und landete mit einem riesigen Satz auf dem harten Beton der Flugzeughalle.

Am nächsten Dienstag geht es weiter...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Dienstag, 16. Oktober 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Fred und Dietmar probieren Sandra zu retten...

Nur wenig später saßen die beiden in der U-Bahn. Dietmar versuchte zu verdrängen, in welcher Gefahr sich Sandra befand.
Deine Jägi-Fahne ist echt beeindruckend!“, lobte er Fred.
Finste? Sie is win kleenes kind tut allet ufschnappen und nachmachn …“
Vielleicht komm ich auf deine Hilfe noch mal zurück.“
Schön, ick tu jern helfn …“
Sie fuhren in den U-Bahnhof Alexanderplatz ein. Die meisten Fahrgäste stiegen aus, fast ebenso viele wieder ein, aber dennoch entdeckte Dietmar unter den Neuzugängen zwei Gestalten, die ihn sofort misstrauisch werden ließen. Er scannte sie kurz durch, kritzelte etwas auf einen Zettel und drückte ihn Fred in die Hand.
Na los, lass deine Fahne mal machen!“
An die Fahrgäste aus dem dritten Wagen,“ tönte es aus den Lautsprechern, „In Ihren Wagen sind grade ein Mann mit einer blauen Jacke und ein Blonder mit Brille eingestiegen. Das sind Kontrolleure. Schwarzfahrer, bitte diesen Wagen verlassen, Schwarzfahrer bitte diesen Wagen verlassen ...“

Einen Moment herrschte irritierte Stille, dann lachten einige Fahrgäste laut auf und drei Schwarzfahrer stürmten aus der Mitteltür. Hinter ihnen schob sich eine alte Frau mit ihrer Gehhilfe aus der U-Bahn: Dietmar kannte sie von der Berliner Tafel, wo sie stets versuchte, eine Weißbrotscheibe extra für ihren Wellensittich abzuzwacken. Wie hätte die sich ein Ticket leisten können?
Die beiden Kontrolleure schauten sich ungläubig an.
Zurückbleiben!“, kam es aus den Lautsprechern in der exakt selben Stimmlage, dann knallten die Türen zu und der Zug fuhr an.
Schick mal das hinterher, als Erklärung“, sagte Dietmar und reichte Fred einen weiteren Zettel.
Peter Körfer, du blonde Brillenschlange, weißt du noch, wir sind zusammen in eine Klasse gegangen und in der Elften hast du mir die Maike ausgespannt! Deinetwegen bin ich durchs Abi gefallen und U-Bahnfahrer geworden. Also vergiss es, Peter, in meinen Zügen wirst du keine Schwarzfahrer abgreifen!“




Am nächsten Dienstag geht es weiter...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Dienstag, 9. Oktober 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Durch seine Record-Funktion seines Röntgen-Auges bekam Dietmar mit, dass Sandra verschleppt wurde...

Dietmar schaltete die Mikrokamera aus. „Scheiße … Das wars jetzt wohl …“, stöhnte er und sackte mutlos zusammen.
Wieso denn, ey, isch hab disch wachjemacht!“
Dietmar schaute sich um, aber sein gesundes Auge nahm die Umgebung weiterhin nur schemenhaft wahr. Ach, der Besoffene …
Wie, du hast mich wach gemacht?“
Na, mir hat der doc doch och ne spritze rinjejagt, aba isch bin ja nisch anfällich für diese komatropfn, wegn mein hohn aloholspiegl … was ham die schwestan in e klinik imma probiert misch zur ruhe zu krign …“
Komm zum Punkt, Alter!“, fuhr Dietmar ihn an.
Na, ick hab mir jedacht, was mir jut tut kann für dich nich schlecht sein: Ick hab den jägermeister in spritzn jefüllt und hab dir den lebnssaft rinjespritzt …“
Dietmar schaute an sich herunter und sah, dass in seinem linken Oberschenkel tatsächlich zwei Spritzen steckten. Fred war gerade dabei, ihm eine weitere Injektion in den Oberarm zu rammen.
Willst du mich vergiften?“, schrie er und riss sich die Kanülen aus den Gliedern.
Willste nun dein schwestaherz rettn oda nisch?“
Nur wie? Diese faschistischen Lustmolche fahren nach Schönefeld, weißt du, wie groß der Flughafen ist?“
Sei nicht verzweifelt, kleiner Kommunistenjunge“, hörte Dietmar plötzlich Zwackelmanns Stimme. „Ich habe einen Teil von mir in die Bluse deiner Schwester versenkt, wenn wir in ihrer Nähe sind, können wir sie orten… “
Kenne angst, dit is nisch der doc, dit is meene jägifahne, die nimmt fremde stimmn uf, wien papagei.“
Dietmar konnte mittlerweile nichts mehr schocken.
Na also, los geht’s!“, befahl er.

Am nächsten Dienstag geht es weiter – da gibt es auch wieder eine längere Folge ;-)

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Freitag, 5. Oktober 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Dr. Zwackelmann erwägt Dietmar das Röntgen-Auge heraus zu operieren – aber es klingelte...

Dietmars Schädel brummte, sein rechtes Auge nahm alles nur verschwommen wahr.
Fred … Bonnys Ranch … Zwackelmann … Filmriss … Sandra in Gefahr.“
Intuitiv griff er sich an die linke Schläfe und spulte die letzten Aufnahmen zurück. Kurz bevor er wegtrat, war es ihm gelungen, die Record-Funktion seines Glasauges zu aktivieren:

Kurz nachdem sich der Kamera ein Skalpell genähert hatte, betrat ein weiterer Mann das Sprechzimmer:
Warum nehmen wir den nicht auch gleich mit?“
Zu gefährlich – Wenn ich jetzt beide Geschwister verschwinden lasse, dann müsste ich auch noch diesen Penner beseitigen. Und das alles in meiner Praxis, nee, die Ökotussi reicht, damit machen wir unseren Abtrünnigen gefügig.“
Aber Sie können die beiden doch nicht einfach hier liegen lassen!“
Die schlafen noch zwölf Stunden. Heute Nacht kommt ein Clean-Up-Team vorbei, die Jungs bringen die beiden dann weg und legen sie irgendwo in die Gosse. Da gehören sie schließlich hin …“
Zwackelmann lachte. „Los kommen Sie, auf nach Schönefeld, wir haben einen langen Flug vor uns …“
Sie verschwanden im Nebenraum, und kamen kurz darauf mit einer Art Sarg zurück, in dem sich offensichtlich Sandra befand.
Sieht nett aus, das Mädchen…“. kommentierte der Fremde und deutete mit dem Kopf auf die Holzkiste.
Zu intelligent für Sie“, lachte Zwackelmann, „das habe ich vorhin gemessen. Aber wenn ich drüben bin, dann mache ich aus ihr ein kleines Dummchen, dann können Sie sie haben …“
Unter Gelächter polterten die beiden hinaus.

Am nächsten Dienstag geht es weiter...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Dienstag, 2. Oktober 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Im Jahre 1982 wurde Dietmar in den USA ein künstliches Auge verpasst. Jetzt geht es in der Gegenwart weiter: Er, Fred und Sandra werden vom Nerven-Doc Zwackelmann in dessen Praxis festgehalten...

Heute ist mir natürlich klar, was passiert ist“, monologisierte Zwackelmann vor Dietmar, der von all dem nichts mitbekam. „Deine Schwester muss die Schilder ausgetauscht haben."
´So sehen also Eure Soldaten aus? Kein Wunder, dass Ihr den Krieg verloren habt!´ Was hab ich mir drüben nicht alles anhören müssen. Ich konnte ja nicht sagen, was da schief gegangen ist. Also habe ich dem angeblichen Soldaten Tobias Müntzer das Magicus Vitrum Okulus eingesetzt.“
Er schaute sich den ehemaligen Elitesoldaten, der die schlechteste Ausbilderbewertung aller Zeiten bekommen hatte, für einige Momente an.
Ja, Röber, das wäre deine Chance gewesen: Wenn du dich in der Ausbildung ein bisschen auf den Hosenboden gesetzt hättest, dich angestrengt hättest, dann wäre aus dir was geworden. Wir hätten doch alles arrangieren können – hier mit deiner Schwester zum Beispiel, die hätte doch auch in die Staaten kommen können. Und heute wärst du ein angesehener CIA-Veteran und würdest dich im Anti-Terror Kampf gegen die drohende Islamisierung unseres Erdballs profilieren.
Aber nein, Herr ´Müntzer´ zog es vor, shit zu Rauchen, während die Kameraden Fallschirmübungen machten, Schach zu spielen, während die Kameraden im Kraftraum schwitzten und dann als Höhepunkt … Erinnerst du dich? Bei einem präsidialen Truppenbesuch hast du öffentlich Nancy Reagan gelobt, dass sie die Atomwaffen-autorisierungscodes in ihrer Handtasche trägt und nicht ihr durchgeknallter Ehemann.“
Jetzt, wo du da so harmlos herumsitzt, fällt mir auf …“. Er stand auf und holte sich ein Skalpell vom Operationstisch: „Ich könnte mir das zurückholen, was ich dir vor Jahrzehnten anvertraut habe …“
Ding-Dong – machte es an der Tür.
Oh, das wird der Fahrer sein... Glück gehabt – aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.“
Zwackelmann sprang auf, um den Fahrer herein zu lassen.

Wegen der Kürze geht es bereits am kommenden Freitag weiter...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann