Die
Hartz-Four Truppe entsteht
Was
bisher geschah: Während Dietmar und Fred in der U-Bahn Schwarzfahrer
helfen, ist seine Schwester Sandra zum Flughafen gebracht worden, um
in die USA verschleppt zu werden...
Zufrieden
blickte Dr. Zwackelmann aus dem kleinen Fenster in den Hangar für
Privatflugzeuge: Ein triumphaler Tag ging zu Ende und er würde ihn
mit diesem Flug gen Westen noch ein wenig verlängern.
Herr
P. war nicht nur der Fahrer des Leichenwagens, mit dem sie die
betäubte Röber zum Flughafen gebracht hatten, er war auch
gleichzeitig der Pilot. Wenige, aber dafür fähige Angestellte, das
zeichnete die Organisation aus. Zusammen hatten sie den Holzsarg über
die schmale Treppe in die Cessna Citation X geschleppt und nun
warteten sie auf die Startgenehmigung.
In
fünfzehn Minuten werden wir in der Luft sein, dachte Zwackelmann,
schritt an die Minibar und goss sich einen Martini ein.
„Morgen
bin ich im sonnigen Kalifornien, und meine Vertretung muss sich mit
den nervigen Patienten herumschlagen!“ Er erinnerte sich an den
gestrigen Tag:
„Ich
habe mir einen Nerv eingeklemmt …“
„Wirklich,
Frau Gritzner? Na, dann zeigen Sie mal her“.
Als
er an Frau Gritzners Fettröllchen und Hängebrüste dachte, verzog
er angewidert das Gesicht.
„Oh,
Gott, ich muss diese hässlichen deutschen Weiber aus meinen Kopf
kriegen.“
Sein
Blick viel auf die Kiste und er leerte einen zweiten Martini. In
weiser Voraussicht hatte er zu P. gesagt, dass er nicht gestört
werden wolle, und jetzt, wo die Arbeit getan war, könnte er sich
doch ein bisschen Vergnügen gönnen …
„Aber
vorher sollte ich mich erst mal frisch machen. Haben diese Mühlen
eigentlich eine Dusche an Bord?“
Er
überlegte kurz, stellte das Glas ab, überquerte den Gang und
öffnete die Tür zum mens room.
„Bingo,
sie haben …“, konnte er noch sagen, dann bohrten sich zwei
Kanülen in seine Brust.
„Endlich,
ich dachte schon, ich müsste dich über dem Atlantik erledigen!“
Vor
ihm stand Dietmar Röber, der mit aller Entschlossenheit den Inhalt
der Spritzen in Zwackelmanns Brust versenkte.
„Wie
schmeckt die eigene Medizin?“, zischte Dietmar seinem Gegenüber
entgegen und stieß ihn zurück in den Raum. Zwackelmann wankte nach
hinten, stolperte und landete unsanft auf dem Teppich.
Mit
den Spritzen noch in den Händen zertrümmerte Dietmar Zwackelmanns
Nasenbein.
„Verdammt,
was hast du mir gegeben?“, stammelte Zwackelmann.
Wortlos
zeigte Dietmar dem Arzt die leeren Spritzen.
„Das
hängt vom Zustand meiner Schwester ab!“ Dietmar pfefferte die
Kanülen in die Ecke und zog zwei Stricke aus seinem Gürtel.
„Sie
lebt, verdammt noch mal, sie lebt, ich würde ihr doch nie etwas
antun!“
Blitzschnell fesselte
Dietmar Zwackelmanns Hände und Füße.
„Bete,
dass du recht hast, sonst wird dein Sterben so grausam sein, das du
dir wünschen wirst, du wärst nie geboren worden...“
Dietmar
ließ von Zwackelmann ab, eilte zum Sarg und hob den Deckel an.
Sandra lag ruhig und friedlich in der Holzkiste und Dietmar atmete
auf, als er sah, das sich ihr Brustkorb regelmäßig auf und ab
bewegte.
Dann
wandte er sich wieder Zwackelmann zu:
„Na,
Doc, wie geht es uns, du machst so einen schlaffen Eindruck …! Du
warst doch vorhin so interessiert an den Fähigkeiten meines
Glasauges – die Kugel ist vielleicht alt, aber sicherlich immer
noch ´State of the Art´. Ich werds dir zeigen …“
Er
beugte sich über den schon halb weg getretenen Arzt und
präsentierte ihn das neueste Feature seines Wunderauges. Ein
entsetzliches Wimmern war das Einzige, was Zwackelmann ihm
entgegenzusetzen hatte.
Kurz
bevor Dietmar fertig war, hörte er ein Piepen im Hinterteil des
Flugzeugs.
„Die
Treppe, jetzt schnell!“ Er zerrte seine Schwester aus dem Sarg und
hievte sie sich über die rechte Schulter.
Ein
letztes Mal fiel sein Blick auf den röchelnden Mediziner.
„Ach,
nichts für ungut,“ murmelte er, griff sich an den Gürtel, beugte
sich stöhnend hinunter, rammte Zwackelmann eine weitere Spritze in
die Brust und drückte ihm die Flüssigkeit ins Gewebe.
„Ein
Antidot gegen eine Überdosis Flunitrazepam: Jägermeister, so etwas
wie ein Naturrezept!“, sagte er, sprintete nach hinten auf die sich
langsam schließende Treppentür zu und landete mit einem riesigen
Satz auf dem harten Beton der Flugzeughalle.
Am
nächsten Dienstag geht es weiter...
©
Georg Weisfeld c/o Agentur
Literatur Hebel & Bindermann
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen