Hartz Four - eine Superhelden-Kurzgeschichten-Saga


Seit Jahren sind Hartz-IV-Empfänger die Deppen der Nation. Ob in Ein-Euro-Jobs als billige Arbeitskräfte missbraucht oder vom Jobcenter schikaniert – immer müssen Hartzies herhalten. Doch jetzt treten vier Superhelden in Berlin-Neukölln an die Seite der Armen und Entrechteten: Hartz – Four!

Dietmar Röber


Dietmar

Sandra Röber


Mike Matschke


Fred


Der Boss der Truppe verlor bei einem Unfall sein rechtes Auge. Das Glasauge, das man ihm dafür einsetzte, befähigt ihn nun durch Gegenstände schauen zu können...Dietmars kleine Schwester ist mit allen esoterischen Wassern gewaschen! Häufig sind es ihre prophetischen Träume, die der Hartz-Four Gruppe zeigen, welche arme Hartz-IV-Seele gerade Hilfe braucht.Seit einem allergischen Anfall verfügt dieser Bodybuilder über enorme physische Kräfte, die er allerdings nicht immer kontrollieren kann.Diesem Vollbluttrinker ist es gelungen seine Alkoholfahne zu domestizieren: Diese kann sich unsichtbar durch Räume bewegen und Stimmen imitieren - Sie ist das heimliche fünfte Mitglied des Hartz Four - Clans...



Mittwoch, 26. Juni 2013

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Dietmar ist in den Klauen von Dr. Zwackelmann und dieser erinnert sich an das Jahr 1983 – die erste Begegnung der beiden...


Schwester Gaby, die kommen wohl beide nicht durch …“, flüsterte Zwackelmann mit geheuchelter Traurigkeit der Krankenschwester zu, mit der er die Stippvisite absolvierte. Sie standen vor zwei Krankenbetten, an deren Kopfseiten Monitore signalisierten, dass die beiden Patienten noch am Leben waren.
Ganz so schlimm muss es nicht enden, zumindest für einen von beiden, dachte er sich, das geht aber nur mich etwas an.
Die Patienten Tobias Müntzer und Dietmar Röber hatten zwei gravierende Gemeinsamkeiten: Sie litten an inneren Verletzungen, die ihr Ableben innerhalb der nächsten Stunden eigentlich unausweichlich machten, und sie hatten am heutigen Tag ihr linkes Auge verloren. Aber hier endeten die Übereinstimmungen auch schon: Während der Offizier Müntzer sein linkes Augenlicht bei einer Gefechtsübung eingebüßt hatte, war die Ursache bei Dietmar Röber ein Autounfall gewesen, der ihm gleichzeitig seine beiden Eltern genommen hatte. Allein diese Tatsache machte Zwackelmann die Entscheidung, wem von beiden er heute ein zweites Leben schenken sollte, sehr einfach. Röbers Langhaarfrisur und die „Stoppt Strauß“- und „Ami go home“-Sticker auf seiner Lederjacke hatten ihn in seinem Entschluss noch bestärkt: Tobias Müntzer hatte alles, was es brauchte, um einen Elitesoldaten zu formen: Einen durchtrainierten Körper, die Disziplin, Befehlen zu gehorchen, und seit heute Morgen einen Schicksalsschlag, der ihn unter sein bisheriges Leben einen Schlussstrich ziehen lassen würde.
Und ich werde dafür sorgen, dass aus ihm ein Elite-Elitesoldat wird – und sein linkes Auge in ein Spezial-Feature verwandeln! Ja, Tobias Müntzer wird mein Gesellenstück, mit ihm werde ich beweisen, dass ich zu recht in die LCC-Loge aufgenommen wurde! Ich, Wolfgang Zwackelmann!“

Ähm… Herr Doktor … das Mädchen …“, unterbrach die Krankenschwester Zwackelmanns Tagtraum und deutete auf das Kind, das still an einem Tisch im Zimmer saß.
Ja und? Was ist mit dem Mädchen?“, raunte Zwackelmann zurück.
Das ist die Schwester von dem Röber, Sandra Röber, und …“ Sie trat an Zwackelmann heran und flüsterte: „Sie hat bei dem Unfall ihre Eltern verloren und ich denke, es wäre nicht gut, wenn sie erfahren würde, in was für einem kritischen Zustand sich ihr Bruder befindet …“
Ach, das ist die Schwester?“ Er schaute sich das Kind kurz an. „Interessant! Schwester Gaby, lassen sie uns bitte allein!“

Was hat der Arzt mit Sandra vor? Nächsten Mittwoch werden wir es erfahren...

Mittwoch, 19. Juni 2013

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Dr. Zwackelmann, ein Nervenarzt, der Menschen in Superhelden umoperieren kann, hat Dietmar überrumpelt...

Nachdem er Dietmar mühsam in sein Sprechzimmer gezerrt und in einen Stuhl gehievt hatte, verabreichte er ihm eine weitere Infusion.
Nach wenigen Sekunden war Dietmar wach.
Sehen Sie her: Mit dieser Spritze habe ich Ihr schlaues Köpfchen wieder angestellt – Ihren Körper lassen wir vorerst gelähmt! … Und mit dieser Spritze …“, er nahm eine andere in die Hand, „werde ich Sie nachher wieder narkotisieren.“ Er lachte. „An… aus… an… aus…“, sagte er, während er abwechselnd die Spritzen hochhielt.
Aber das ist neurologisches Einmaleins… Widmen wir uns meinem biotechnologischen Opus!“
Er trat dicht an Dietmar heran und nahm ihm seine Sonnenbrille ab. Dietmar versuchte ihn daran zu hindern, aber seine Gliedmaßen gehorchten ihm nicht. Der Arzt öffnete Dietmars linkes Augenlid.
Nehmen Sie Ihre Griffel weg!“, flüsterte Dietmar angestrengt, aber Zwackelmann ließ sich nicht stören.
Bingo – Mein Magicus Vitrum Okulus – ein Glasauge, mit dem Sie durch Wände schauen können.“ Er setzte Dietmar die Brille wieder auf und stolzierte auf die andere Seite des Schreibtisches.
Ich habe Ihnen am 18. Juli 1983 dieses drei Millionen Dollar teure Auge in einem Labor der LCC eingesetzt – da werde ich als Ihr Arzt ja wohl das Recht haben, mich zu erkundigen, wie es um meinen Patienten steht!“
Zwackelmann nahm Platz und strich sich selbstverliebt über den Bart.
Ein kleiner Test: Hinter mir ist ein Privatraum: Herr Röber, sagen Sie mir, was an der Rückwand hängt!“
Eine große Hakenkreuzfahne!“
Zwackelmann schaute sein Gegenüber für einige Momente entgeistert an, griff dann wahllos auf seinen Schreibtisch und schmiss Dietmar eine Handvoll Kugelschreiber ins Gesicht.
Du bist nicht in der Position, hier Scherze zu machen, du Kommunistenzecke!“, brüllte er mit hochrotem Kopf.
Ach …“, er winkte fast ein wenig enttäuscht ab „wahrscheinlich bist du auf dem linken Auge einfach blind – und das nicht nur im übertragenen Sinne. Um das Rätsel zu lösen: An der Wand hängt ein Porträt von Henry Ford und …“
Na, da lag ich doch gar nicht so falsch“, warf Dietmar ein.
Schnauze!“, schrie Zwackelmann. „Zeit, dir das Maul zu stopfen: Der gute alte Henry schaut nämlich grade auf deine Schwester, mit der ich noch Großes vorhabe …“
Dietmar begann sich qualvoll im Stuhl hin und her zu bewegen, als hätte ihm diese Information neue Energie gegeben.
Ja, lass die Glieder tanzen …“, lachte Zwackelmann. „Nicht einfach mit 50 ml Flunitrazepam im Blut.“
Wenn Sie ihr auch nur ein Haar krüm…“
Ja, ja schon gut – unsere Unterhaltung ist hiermit beendet.“ Der Arzt griff sich die Aus-Spritze und injizierte den Inhalt in Dietmars Körper.
Als er die Kanüle wieder herauszog, musste er daran denken, dass alles auch ganz anders hätte kommen können. Zwackelmann erinnerte sich an den 14. Juli 1983, den Tag, an dem Dietmar Röber starb …

Am nächsten Mittwoch switchen wir zurück ins Jahr 1983...

Mittwoch, 12. Juni 2013

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Dr. Zwackelmann will Sandra verschleppen, sein Fahrer klingelt schon – oder ist es nicht der Fahrer?

Zack – mit einem entschiedenen Stoß jagte Zwackelmann die Spritze in Röbers Nacken und presste ihm das Narkosemittel ins Gewebe.
Ahhhhahhhh … Zwackelmann, Sie Schwein!“ Dietmar hatte sich auf der breiten Marmortreppe, die von der Haustür zu den Praxisräumen führte, umgedreht und schaute den Arzt irritiert an. Dieser wich ein paar Stufen zurück, denn noch war Röber bei Bewusstsein, doch schon wenige Sekunden später begann er zu wanken.
Ey, wat machen se denn da mit dem dietmar?“, fing der Penner, der Röber begleitet hatte, zu krakeelen an.
Schnauze!“ schrie Zwackelmann und beobachtete, wie Röber auf die Marmorstufen klatschte und die Stufen runter rutschte.
Dann hastete er nach oben, um eine weitere Spritze zu holen.

Zwackelmann hörte, wie der Assi an der Haustür herumwackelte.
Der fühlt sich nicht wohl bei mir, zu sauber! Aber jetzt ist es zu spät!“ murmelte er, schnappte sich eine Injektion und sprintete wieder in Richtung Vorhalle.
Schön, das se vorbei komm, herr wachtmeista.“
Sie haben doch die Polizei gerufen, Herr Fred“, hörte er eine fremde Stimme.
Zwackelmann blieb wie angewurzelt stehen und griff in seine Kitteltasche: Ja, der Haustürschlüssel war noch da – er hatte doch abgeschlossen!
Sehen se, herr wachtmeista, der böse doctor hat menen kumpl ausa jefecht jesetzt.“
Oh, ja, das sehe ich, Moment, das werde ich gleich mal auf meinem Notizblock vermerken. Das werden wir zur Anzeige bringen!“
Die Bullen im Haus – verdammte Scheiße! Ich hätte die beiden nie hereinlassen dürfen! Ich bin halt ein gottverdammter Spieler! Egal, ab in die Offensive!!“, schoss es Zwackelmann durch den Kopf.
Sehr gut, dass Sie vorbei gekommen sind, Herr Wachtmei…“, er stockte, als er durch die breite Pendeltür trat, die in die Eingangshalle führte:
Die Halle war leer, außer dem Penner und Röber, der noch immer reglos auf der Treppe lag, war niemand zu sehen!
Da is er!“, schrie der Besoffene.
Hände hoch, sonst schieße ich!“, tönte es durch den Raum.
Intuitiv riss Zwackelmann die Arme nach oben, suchte aber weiterhin mit seinem Blick nach dem Polizisten und schritt vorsichtig die Treppe hinab.
Hören Sie doch, ich wurde von den Beiden überfallen …“
Wo versteckte sich der Bulle nur? Hinter der chinesischen Vase? Aber warum?
Plötzlich schoss ihm die Diagnose von Sandra Röber durch den Kopf:
Hört Stimmen“, hatte Markolf auf dem Überweisungszettel notiert. Vielleicht hatte diese Frau … egal: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! dachte er, zückte die Spritze und stach den wehrlosen Fred nieder, der theatralisch zu Boden ging.
Für einige Momente hielt er inne und lauschte: Nichts – mit dem Alkie war auch die seltsame Stimme in seinem Kopf verschwunden.
Oh Mann, Zwackelmann, du brauchst Urlaub!“, lächelte er grimmig und wandte sich Dietmar zu: „Zeit, unsere gemeinsame Geschichte zu rekapitulieren, Herr Röber!“

Ab nächster Woche schauen wir uns die Superheldenentstehung von Dietmar an...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Mittwoch, 5. Juni 2013

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Sandra liegt bewusstlos bei Dr. Zwackelmann. Was hat der Doc vor?

Der Markolf … dieser Schlappschwanz, dass er sich mit so einem Pöstchen abspeisen lässt!“, sinnierte Zwackelmann, als er ins Nebenzimmer seiner Praxis eilte, wo die bewusstlose Sandra auf einer Pritsche lag.
Da hab ich andere Visionen!“
Er fing an, die Bleigürtel aus dem Röntgenraum über Sandra zu zerren.
Und du wirst mir dabei behilflich sein! Aber vorher müssen wir noch deinen Bruder bändigen, diesen Verräter, dieses bolschewistische Querulantenschwein, das ist das Allerwichtigste!“
Und es würde den schwarzen Fleck auf seiner, Dr. Wolfgang Zwackelmanns, ansonsten weißen Weste ausradieren und seine Stellung innerhalb der Organisation festigen, wenn nicht sogar ausbauen …
In einer halben Stunde kommt der Fahrer, dann geht’s zum Flughafen und dann ab in die United States of America!“ Er schaute lüstern auf das fahle Gesicht unter sich „... Und dann gehört dein Körper mir!“
Behutsam legte er einen letzten Bleigürtel über Sandras Kopf, ließ sich auf einen Stuhl fallen und zündete sich eine Zigarette an.
Ich schneid dir deine grauen Zellen raus und setz dir ein Affenhirn ein, dein Bruder wird dich nicht wiedererkennen, wenn er dich abholt. Und wenn er amerikanischen Boden betritt, wird er neutralisiert …“
Er zog noch mal kräftig an seiner Zigarette und kam sich ein bisschen lächerlich vor: Sicher, vor fast dreißig Jahren war dem jungen Dietmar Röber das auf Infrarotbasis arbeitende Scan-242-Eye eingesetzt worden, das musste aber noch lange nicht heißen, dass die Technik immer noch funktionierte. Aber sicher war sicher: Durch Blei konnte man selbst damit nicht schauen!
Zwackelmann drückte den Glimmstengel aus.
Aber da Markolf nicht gequatscht hat, ist es unwahrscheinlich, dass der Assi hier überhaupt auftaucht.“
In diesem Moment klingelte es. Zwackelmann schaute auf die Uhr:
Der Fahrer ist früh dran!“ Er erhob sich und ging zur Tür.

Nächsten Dienstag geht es auf dieser Webseite weiter...

© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

Sonntag, 2. Juni 2013

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Dr. Zwackelmann, ein Nervenarzt, der Menschen in Superhelden umoperieren kann, hat Dietmar überrumpelt...

Nachdem er Dietmar mühsam in sein Sprechzimmer gezerrt und in einen Stuhl gehievt hatte, verabreichte er ihm eine weitere Infusion.
Nach wenigen Sekunden war Dietmar wach.
Sehen Sie her: Mit dieser Spritze habe ich Ihr schlaues Köpfchen wieder angestellt – Ihren Körper lassen wir vorerst gelähmt! … Und mit dieser Spritze …“, er nahm eine andere in die Hand, „werde ich Sie nachher wieder narkotisieren.“ Er lachte. „An… aus… an… aus…“, sagte er, während er abwechselnd die Spritzen hochhielt.
Aber das ist neurologisches Einmaleins… Widmen wir uns meinem biotechnologischen Opus!“
Er trat dicht an Dietmar heran und nahm ihm seine Sonnenbrille ab. Dietmar versuchte ihn daran zu hindern, aber seine Gliedmaßen gehorchten ihm nicht. Der Arzt öffnete Dietmars linkes Augenlid.
Nehmen Sie Ihre Griffel weg!“, flüsterte Dietmar angestrengt, aber Zwackelmann ließ sich nicht stören.
Bingo – Mein Magicus Vitrum Okulus – ein Glasauge, mit dem Sie durch Wände schauen können.“ Er setzte Dietmar die Brille wieder auf und stolzierte auf die andere Seite des Schreibtisches.
Ich habe Ihnen am 18. Juli 1983 dieses drei Millionen Dollar teure Auge in einem Labor der LCC eingesetzt – da werde ich als Ihr Arzt ja wohl das Recht haben, mich zu erkundigen, wie es um meinen Patienten steht!“
Zwackelmann nahm Platz und strich sich selbstverliebt über den Bart.
Ein kleiner Test: Hinter mir ist ein Privatraum: Herr Röber, sagen Sie mir, was an der Rückwand hängt!“
Eine große Hakenkreuzfahne!“
Zwackelmann schaute sein Gegenüber für einige Momente entgeistert an, griff dann wahllos auf seinen Schreibtisch und schmiss Dietmar eine Handvoll Kugelschreiber ins Gesicht.
Du bist nicht in der Position, hier Scherze zu machen, du Kommunistenzecke!“, brüllte er mit hochrotem Kopf.
Ach …“, er winkte fast ein wenig enttäuscht ab „wahrscheinlich bist du auf dem linken Auge einfach blind – und das nicht nur im übertragenen Sinne. Um das Rätsel zu lösen: An der Wand hängt ein Porträt von Henry Ford und …“
Na, da lag ich doch gar nicht so falsch“, warf Dietmar ein.
Schnauze!“, schrie Zwackelmann. „Zeit, dir das Maul zu stopfen: Der gute alte Henry schaut nämlich grade auf deine Schwester, mit der ich noch Großes vorhabe …“
Dietmar begann sich qualvoll im Stuhl hin und her zu bewegen, als hätte ihm diese Information neue Energie gegeben.
Ja, lass die Glieder tanzen …“, lachte Zwackelmann. „Nicht einfach mit 50 ml Flunitrazepam im Blut.“
Wenn Sie ihr auch nur ein Haar krüm…“
Ja, ja schon gut – unsere Unterhaltung ist hiermit beendet.“ Der Arzt griff sich die Aus-Spritze und injizierte den Inhalt in Dietmars Körper.
Als er die Kanüle wieder herauszog, musste er daran denken, dass alles auch ganz anders hätte kommen können. Zwackelmann erinnerte sich an den 14. Juli 1983, den Tag, an dem Dietmar Röber starb …

Am nächsten Dienstag switchen wir zurück ins Jahr 1983...