Die
Hartz-Four Truppe entsteht
Was
bisher geschah: Auf dem Weg ins Krankenhaus wird Dietmar von einer
seltsamen Stimme aufgehalten...
„Na
endlisch würd aba och Zeit – das die leute nie das machn, was man
ihnn sacht ...“
„Was
sagt?“, fragte Dietmar.
„Na
das!“, brüllte es erneut in sein Ohr. Dietmar zuckte erschrocken
zusammen – die Worte kamen ganz klar nicht aus dem Mund des Alkies.
„Ähm,
sag mal: Machst du das?“
„Naja,
was heißt denn hier icke ... dit is mene alki-fahne, die ham letztez
wieda brobiert mich von den alohol wechzubring ... und da is it
passirt: Mene aloholfahne hat jelernt su sprechn!“
„Kann
ich mir schlecht vorstellen!!“
„Und
da hab ick mir jedacht: prima: Kannst dir ne paar merkers dasu
vadienen – bin vor ne paar tagn zu den filialleita jegan ...“, er
deutete auf den Kaisers-Markt, der im Untergeschoss des Centers lag,
„und hab jesagt, ey, ick mach werbung für eusch, also zum
beispiel:
´100
Gramm Rindermett, heute nur 1,49´“, tönte in einer klaren,
schönen Supermarktstimme die Alkoholfahne.
„Hätte
mir als belohnug och schon ne jägameistaflasche jereicht. So eine
alohlfahne muss nen hohn aloholproßentsats habm um leistungsfähch
su sein ...“
„Stimmt
genau“, pflichtete die Alki-Fahne bei.
„Naja,
die krause von den ladn hat misch aba sofot raus jeschmissn. Seit dem
bin ick den kaisas böse. Deswegn hab ick deine freundin anjepumpt
...“
Dietmar
konnte kaum glauben, was er da grade erlebte. Er ließ sich neben dem
Alki auf die Treppe fallen:
„Also
erstens: Das ist meine Schwester! Und zweitens: Du hast sie damit in
den Wahnsinn getrieben.“
„Echt?...
dit tut mir leid, dit wollt ick nisch ... die is imma stehn jebliebn,
janz bleich jewordn und denn weg jeloffen.“
„Ja,
sie ist übersensibel, das kommt von den Eso-Kursen“, murmelte
Dietmar, „klarer Fall von Realitätsverlust, aber das ist ein
anderes Thema.“
„Sach
ick och imma: Imma bei der realität bleibn. Ohh, ick merk schon das
sisch mein alkolspiegl jefährlisch absenken tut, dann fang ick imma
an su quatschen ...“
„Das
heißt, wenn du viel Alkohol im Blut hast ...“
„...
dann halt ick meen maul und meene jägimeistafahne fängt an su laban
...“
„Der
braucht Meeet, der Fred!“, säuselte die Fahne.
„Was
isch sachn wollte is wolgendes: Die krause, also dit is ehne von den
kaisers-mitarbeitarinnen, die die mich nich ringelassen hat und mich
so von ein sicheren arbeitsplatz abjehalten hat. Und nich nur dit:
Die is total fies zu den hartz vierlern: Die sagt zu den
flaschnsammlan: ihr kommt nur in unsan ladn um pfand zu kassieren und
dann klaut ihr auch noch. Wenn der filialleita nich da is, dann
schmeißt die die flaschensammla schon mal raus – ey berti erzähl
mal, mit die krause ...“
Ein
älterer Herr mit Jutebeutel und einem sauber gestriegelten,
abgetragenen Jackett, der grade in das Center gehen wollte, stoppte
und kam auf die beiden zu.
„Ja,
die Krause ...“, fing er mit schwacher Stimme an, „die macht uns
hier das Leben zur Hölle. Also ich trau mich nicht mehr in den
Kaisers rein, ich geb meine Flaschen immer oben bei Netto ab, und
nich nur ich, deswegen gibt’s da so lange Schlangen am Automaten.“
„Und
als ich letztens mit Stinki“, mischte sich ein Punk ein, und setzte
sich mit seinem Hund auf die Treppe, „zu spät war, um bei Netto
noch Wurst für uns beide zu kaufen, da bin ich runter zu Kaisers und
da hat die Alte uns angeranzt, von wegen, dass das hier kein
Assi-Supermarkt sei und so ‘nen Scheiß ...“
Na
klar, dachte Dietmar, stimmt, das hat Sandra auch erzählt. Die
hatten was gegen Hartz IV-Empfänger hier, besonders eine von den
Blaukitteln tat sich mit Sprüchen hervor, die sie gerne über die
Lautsprechanlage verkündete: „5-3 an die Käsetheke, 5-3 an die
Käsetheke: Bitte mal die Gouda-Häppchen wegstellen – da ist
gerade ein Hartz IV-Empfänger in den Laden angekommen, die
verwechseln einen Supermarkt ja gerne mal mit `ner
Bahnhofsmission!!!“
Entwarnung:
Sandra ist nicht verrückt, sie ist nur auf den Superhelden Fred
gestoßen – nächste Woche Mittwoch geht es weiter...
©
Georg Weisfeld c/o Agentur
Literatur Hebel & Bindermann