Hartz Four - eine Superhelden-Kurzgeschichten-Saga


Seit Jahren sind Hartz-IV-Empfänger die Deppen der Nation. Ob in Ein-Euro-Jobs als billige Arbeitskräfte missbraucht oder vom Jobcenter schikaniert – immer müssen Hartzies herhalten. Doch jetzt treten vier Superhelden in Berlin-Neukölln an die Seite der Armen und Entrechteten: Hartz – Four!

Dietmar Röber


Dietmar

Sandra Röber


Mike Matschke


Fred


Der Boss der Truppe verlor bei einem Unfall sein rechtes Auge. Das Glasauge, das man ihm dafür einsetzte, befähigt ihn nun durch Gegenstände schauen zu können...Dietmars kleine Schwester ist mit allen esoterischen Wassern gewaschen! Häufig sind es ihre prophetischen Träume, die der Hartz-Four Gruppe zeigen, welche arme Hartz-IV-Seele gerade Hilfe braucht.Seit einem allergischen Anfall verfügt dieser Bodybuilder über enorme physische Kräfte, die er allerdings nicht immer kontrollieren kann.Diesem Vollbluttrinker ist es gelungen seine Alkoholfahne zu domestizieren: Diese kann sich unsichtbar durch Räume bewegen und Stimmen imitieren - Sie ist das heimliche fünfte Mitglied des Hartz Four - Clans...



Mittwoch, 30. Januar 2013

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Dietmar und Sandra steuern auf das Haus zu, in dem der Ein-Euro-Jobber Mike an den Aufgaben seiner Arbeitgeber verzweifelt.

Nach etwa fünf Minuten hatten die beiden gegenüber einer opulenten Villa Position bezogen und Dietmar richtete sein Glasauge auf das Erdgeschoss.
Das soll also dein Mike sein,“ sagte Dietmar „Oh ho, der hat ja ein richtiges Bodybuilder-Kreuz. Du träumst also nachts von gut gebauten Männern, die…“
Halt deinen Mund“, fauchte Sandra.
Mann, Mann, Mann, der hat ja im Garten ganze Arbeit geleistet …“
Ja, ich glaube, es ist wirklich gut, dass wir hier sind!“.

Im Haus tat Mike derweil alles, um den Anforderungen seines Arbeitgebers gerecht zu werden.
Frau Klausen, bitte öffnen Sie die Tür, ich weiß, dass Sie da sind!
Ich bringe Ihnen Ihr Frühstück!“
Nichts – keine Reaktion.
Mike war erneut die Treppe zur Dachkammer emporgestiegen.
Ich habe hier zwei Brötchen mit Johannisbeermarmelade, ein Fünfeinhalb-Minuten-Ei, Kamel... äh, nee – karamellisierte Garnellen auf Räucherlachs und einen frisch gepressten Orangensaft. Steht zumindest auf dem Zettel!“
Wieder nichts…
Ihre Mutter hat mich beauftragt, Ihnen das Essen zu bringen, das ist wichtig für Sie! Und wenn ich das nicht mache, dann verliere ich meinen Ein-Euro-Job…“
Er donnerte mit der Faust gegen die Tür.
Ich warte jetzt hier so lange, bis Sie raus kommen… Irgendwann müssen Sie ja…“
Schmeißen Sie es weg“, hörte er plötzlich eine verängstigte Stimme von drinnen.
Wie bitte? …Sie sind also doch da!“
Ähm ja, schmeißen Sie das Frühstück einfach weg! Ich, ich hab keinen Hunger.“
Aber ihre Mutter…“
Ich sage Ihnen, wo Bargeld ist“, unterbrach ihn Patrizia, „da können Sie sich fünfzig Euro nehmen, wenn Sie mich in Ruhe lassen.“
Mann, das war allerdings verlockend! Schließlich musste er noch die Anabolika abbezahlen, die ihm sein Freund Rudi letztens mit ins Fitnessstudio gebracht hatte. Aber Mike zögerte nur kurz:
Nein, Frau Klausen, ich werde meinen Ein-Euro-Job nicht riskieren…“
Wenn Sie nicht machen, was ich sage“, hörte er die junge Frau kreischen, „dann sag ich meinen Eltern, dass Sie mich sexuell belästigt haben, und dann gehen Sie ins Gefängnis. Mein Vater ist Rechtsanwalt.“
Das saß. Mike verharrte reglos auf dem Treppenabsatz.
Na gut“, murmelte er schließlich. Dann lauter: „Ich werde Ihr Essen wegmachen, aber kein Wort zu Ihren Eltern.“ Und er trottete die Stufen wieder hinab.
Wenn nachher jemand die Reste im Müll findet“, dämmerte es ihm auf dem Weg nach unten, „dann bin ich meinen Job los.“ Er warf einen Blick auf das Tablett: „Ich muss den Kram selber fressen. Oh Mann, kaum Eiweiß oder Kohlenhydrate, aber Job ist eben Job …“ Doch eigentlich war alles ganz lecker, bis auf dieses Kamel-zeugs. Mike würgte. Als er überlegte, wie er sich weiter nützlich machen konnte, verspürte er plötzlich ein flaues Gefühl in der Magengegend. Und dann ging alles sehr schnell: Ihm wurde heiß und immer heißer und seine massiven Beine klappten ohne Widerstand weg. Er krallte sich am Küchentisch fest – und dann wurde es schwarz vor seinen Augen.
Draußen kommentierte Dietmar die Ereignisse nur mit einem „Verdammt, die arme Sau hat irgendwas erwischt!
Von Yuppies vergiftet oder ein ganz gewöhnlicher Superhelden-Transformationsprozess? Nächste Woche erfahren wir mehr...
© Georg Weisfeld c/o Agentur Literatur Hebel & Bindermann

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