Die
Hartz-Four Truppe entsteht
Was
bisher geschah: Dietmar und Sandra steuern auf das Haus zu, in dem
der Ein-Euro-Jobber Mike an den Aufgaben seiner Arbeitgeber
verzweifelt.
Nach
etwa fünf Minuten hatten die beiden gegenüber einer opulenten Villa
Position bezogen und Dietmar richtete sein Glasauge auf das
Erdgeschoss.
„Das
soll also dein Mike sein,“ sagte Dietmar „Oh ho, der hat ja ein
richtiges Bodybuilder-Kreuz. Du träumst also nachts von gut gebauten
Männern, die…“
„Halt
deinen Mund“, fauchte Sandra.
„Mann,
Mann, Mann, der hat ja im Garten ganze Arbeit geleistet …“
„Ja,
ich glaube, es ist wirklich gut, dass wir hier sind!“.
Im
Haus tat Mike derweil alles, um den Anforderungen seines Arbeitgebers
gerecht zu werden.
„Frau
Klausen, bitte öffnen Sie die Tür, ich weiß, dass Sie da sind!
Ich
bringe Ihnen Ihr Frühstück!“
Nichts
– keine Reaktion.
Mike
war erneut die Treppe zur Dachkammer emporgestiegen.
„Ich
habe hier zwei Brötchen mit Johannisbeermarmelade, ein
Fünfeinhalb-Minuten-Ei, Kamel... äh, nee – karamellisierte
Garnellen auf Räucherlachs und einen frisch gepressten Orangensaft.
Steht zumindest auf dem Zettel!“
Wieder
nichts…
„Ihre
Mutter hat mich beauftragt, Ihnen das Essen zu bringen, das ist
wichtig für Sie! Und wenn ich das nicht mache, dann verliere ich
meinen Ein-Euro-Job…“
Er
donnerte mit der Faust gegen die Tür.
„Ich
warte jetzt hier so lange, bis Sie raus kommen… Irgendwann müssen
Sie ja…“
„Schmeißen
Sie es weg“, hörte er plötzlich eine verängstigte Stimme von
drinnen.
„Wie
bitte? …Sie sind also doch da!“
„Ähm
ja, schmeißen Sie das Frühstück einfach weg! Ich, ich hab keinen
Hunger.“
„Aber
ihre Mutter…“
„Ich
sage Ihnen, wo Bargeld ist“, unterbrach ihn Patrizia, „da können
Sie sich fünfzig Euro nehmen, wenn Sie mich in Ruhe lassen.“
Mann,
das war allerdings verlockend! Schließlich musste er noch die
Anabolika abbezahlen, die ihm sein Freund Rudi letztens mit ins
Fitnessstudio gebracht hatte. Aber Mike zögerte nur kurz:
„Nein,
Frau Klausen, ich werde meinen Ein-Euro-Job nicht riskieren…“
„Wenn
Sie nicht machen, was ich sage“, hörte er die junge Frau
kreischen, „dann sag ich meinen Eltern, dass Sie mich sexuell
belästigt haben, und dann gehen Sie ins Gefängnis. Mein Vater ist
Rechtsanwalt.“
Das
saß. Mike verharrte reglos auf dem Treppenabsatz.
„Na
gut“, murmelte er schließlich. Dann lauter: „Ich werde Ihr Essen
wegmachen, aber kein Wort zu Ihren Eltern.“ Und er trottete die
Stufen wieder hinab.
„Wenn
nachher jemand die Reste im Müll findet“, dämmerte es ihm auf dem
Weg nach unten, „dann bin ich meinen Job los.“ Er warf einen
Blick auf das Tablett: „Ich muss den Kram selber fressen. Oh Mann,
kaum Eiweiß oder Kohlenhydrate, aber Job ist eben Job …“ Doch
eigentlich war alles ganz lecker, bis auf dieses Kamel-zeugs. Mike
würgte. Als er überlegte, wie er sich weiter nützlich machen
konnte, verspürte er plötzlich ein flaues Gefühl in der
Magengegend. Und dann ging alles sehr schnell: Ihm wurde heiß und
immer heißer und seine massiven Beine klappten ohne Widerstand weg.
Er krallte sich am Küchentisch fest – und dann wurde es schwarz
vor seinen Augen.
Draußen
kommentierte Dietmar die Ereignisse nur mit einem „Verdammt, die
arme Sau hat irgendwas erwischt!
Von
Yuppies vergiftet oder ein ganz gewöhnlicher
Superhelden-Transformationsprozess? Nächste Woche erfahren wir
mehr...
©
Georg Weisfeld c/o Agentur
Literatur Hebel & Bindermann
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