Hartz Four - eine Superhelden-Kurzgeschichten-Saga


Seit Jahren sind Hartz-IV-Empfänger die Deppen der Nation. Ob in Ein-Euro-Jobs als billige Arbeitskräfte missbraucht oder vom Jobcenter schikaniert – immer müssen Hartzies herhalten. Doch jetzt treten vier Superhelden in Berlin-Neukölln an die Seite der Armen und Entrechteten: Hartz – Four!

Dietmar Röber


Dietmar

Sandra Röber


Mike Matschke


Fred


Der Boss der Truppe verlor bei einem Unfall sein rechtes Auge. Das Glasauge, das man ihm dafür einsetzte, befähigt ihn nun durch Gegenstände schauen zu können...Dietmars kleine Schwester ist mit allen esoterischen Wassern gewaschen! Häufig sind es ihre prophetischen Träume, die der Hartz-Four Gruppe zeigen, welche arme Hartz-IV-Seele gerade Hilfe braucht.Seit einem allergischen Anfall verfügt dieser Bodybuilder über enorme physische Kräfte, die er allerdings nicht immer kontrollieren kann.Diesem Vollbluttrinker ist es gelungen seine Alkoholfahne zu domestizieren: Diese kann sich unsichtbar durch Räume bewegen und Stimmen imitieren - Sie ist das heimliche fünfte Mitglied des Hartz Four - Clans...



Dienstag, 25. September 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Dr. Zwackelmann hat sich entschieden das Leben eines Soldaten zu retten und Sandras Bruder Dietmar sterben zu lassen...

Er ärgerte sich über sich selbst: Wie hatte er nur so dumm sein können, sich mit dieser Göre einzulassen, wo doch so viel auf dem Spiel stand! Heute Morgen um acht, als er den einäugigen, durchlöcherten Müntzer zum ersten Mal gesehen hatte, war ihm sofort klar gewesen: Ja, der musste es sein, damit wäre die größte Hürde genommen, das ´Yes´ aus dem LCC-Headquarter zu bekommen. „Get him in“, hatte ihm John eine Stunde später bestätigt. Und jetzt ließ er sich auf Kinderspiele ein …
Und trotzdem lief in seinem Kopf kurz ein Röber-Szenario ab:
Er stellte sich vor, wie sich in dem LCC-Geheimlabor unter der Wüste Nevadas, einem Ort, von dem nur sehr, sehr wenige Menschen überhaupt wussten, die besten Wissenschaftler der westlichen Welt versammelt hatten und er, der „Kraut“ Zwackelmann, der Neuling, sein Exponat in die ehrwürdige Operationshalle rollte, er dann das Plastiklaken von seinem Probanden nahm und die werten Herrschaften statt eines gutgebauten Soldatenkörpers einen spirrligen, langhaarigen Hippie erblickten, auf dessen rechter Brust ein großes „Punk is not Dead“-Tattoo prangte …
Auf Zwackelmanns Stirn bildete sich kalter Schweiß.
Keine Frage: Der US-Air Force Hubschrauber, den er geordert hatte, und der den Patienten innerhalb der nächsten zwei Stunden zum nächstgelegenen amerikanischen Stützpunkt bringen sollte, würde den Soldaten Müntzer transportieren!
Er stoppte und trug in das entsprechende Formular den Namen Tobias Müntzer ein.
Hier, die Unterlagen für den Krankentransport! Und schlampen Sie nicht damit, das ist sehr wichtig!“, bellte er der Rezeptionsdame entgegen, als er die Aufnahmezentrale erreicht hatte.

Neunzig Minuten später konnte er durch das Fenster des Behandlungsraumes beobachten, wie der Hubschrauber langsam an Höhe gewann. „See you in the States, Special Agent Müntzer!“, murmelte er bewegt und führte die gestreckte rechte Hand an den Kopf um zu salutieren.
Ich habe dem Herrn Mayr die Stützstrümpfe ausgezogen. Sie können jetzt, Herr Zwackelmann“, unterbrach ihn die keifende Stimme der Oberschwester.
Zwackelmann zückte sein kleines Hämmerchen und begann auf der Kniescheibe des alten Mannes herumzuklöppeln, um die Reflexe zu testen.
In zwei Tagen flieg ich hinterher, dann bin ich diesen Idiotenjob los“, grummelte er vor sich hin. „Dann bastele ich mir einen neuen Menschen …“
Zwackelmann schaute seinen Patienten an: „Das werden Menschen sein, die nicht vor dem Russischen Winter kapitulieren, nicht wahr, Herr Mayr?“
Bitte, wos hoam Se gesoagt?“, stammelte Mayr zurück.
Schon gut –„, entgegnete Zwackelmann, schrieb zwei Bemerkungen in die Krankenakte, stand auf und verließ das Zimmer.

Haben Sie das verbockt, Schwester!?“, schrie Zwackelmann mit hochrotem Kopf Schwester Gaby an.
Sie standen zu dritt in dem Krankenzimmer, in dem bis vor einer halben Stunde noch Dietmar Röber und Tobias Müntzer in ihren Betten lagen.
Jetzt beruhigen Sie sich doch!“, ging der Stationsarzt dazwischen.
Beruhigen? Warum ist mein Patient Tobias Müntzer nicht in dem Hubschrauber, sondern liegt tot in seinem Bett?“
Aber Herr Dr. Zwackelmann, das ist nicht der Müntzer – Röber steht hier!“, entgegnete der Arzt und zeigte auf das Schild am Fußende des Bettes.
Ich weiß nicht, wie das geschehen konnte“, sagte Gaby mit tränenerstickter Stimme. „Die beiden Amerikaner sind ins Zimmer rein und haben sofort das Haus mit der Trage wieder verlassen, wir konnten nichts tun. Erst eben, als der Tod von Herrn Müntzer eintrat, habe ich gemerkt, dass etwas nicht stimmt …“
Das Mädchen!“, zischte Zwackelmann und krallte seine Hände in die Eisenstange des Krankenbettes „Das Miststück hat mich heute schon mal reingelegt!“

Am nächsten Dienstag geht es weiter...

Dienstag, 18. September 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Wir befinden uns im Jahr 1983 – der schwerverletzte Dietmar Röber liegt im Sterben und seinem Arzt wird Röbers kleine Schwester Sandra vorgestellt...

Ähm… Herr Doktor … das Mädchen …“, unterbrach die Krankenschwester Zwackelmanns Tagtraum und deutete auf das Kind, das still an einem Tisch im Zimmer saß.
Ja und? Was ist mit dem Mädchen?“, raunte Zwackelmann zurück.
Das ist die Schwester von dem Röber, Sandra Röber, und …“ Sie trat an Zwackelmann heran und flüsterte: „Sie hat bei dem Unfall ihre Eltern verloren und ich denke, es wäre nicht gut, wenn sie erfahren würde, in was für einem kritischen Zustand sich ihr Bruder befindet …“
Ach, das ist die Schwester?“ Er schaute sich das Kind kurz an. „Interessant! Schwester Gaby, lassen sie uns bitte allein!“

Die Schwester verließ irritiert das Zimmer, Zwackelmann zog sich einen Stuhl an den Tisch und schaute sich das Mädchen für einige Augenblicke an. Das etwa siebenjährige Kind saß regungslos da und sah starr geradeaus.
Es war das traumatisierte Gehirn, das im Kopf dieses Mädchen saß, und daran werkelte, den Schock zu verarbeiten, das Zwackelmann faszinierte. Er hatte ein unbändiges Verlangen, dieses Organ auf seine augenblickliche Leistungsfähigkeit zu testen.
Hallo Sandra, ich bin der Wolfgang!“, versuchte er Kontakt aufzunehmen.
Keine Reaktion.
Sandra … einer der Männer, die dort liegen, ist dein Bruder, richtig?“
Zwackelmann sah, dass Sandra schüchtern nickte.
Bingo, in dem kleinen Hirn kommt ja noch was an!“, dachte er und schaute hektisch zur Tür, um sich zu vergewissern, dass sie geschlossen war.
Sandra, ich habe jetzt richtig Lust, mit dir ein kleines Spiel zu spielen!“ Er stand auf, hastete zum Waschbecken, griff sich drei Pappbecher und setzte sich wieder ihr gegenüber an den Tisch.
Die beiden Männer sind leider sehr, sehr krank. Und ich kann nur einem helfen … Eigentlich dürfte ich deinem Bruder nicht helfen, aber weil ich dich mag, möchte ich dir die Möglichkeit geben, um deinen Bruder zu spielen. Du willst doch, dass dein Bruder lebt, oder?“
Er nahm Sandras apathisches Nicken wahr und spürte, wie ihm ein kalter Schauer den Rücken hinunter lief. Er zog einen Bonbon aus der Kitteltasche.
Wenn du es schaffst, herauszufinden, unter welchem Becherchen sich dieser Bonbon befindet, dann kannst du nicht nur den Bonbon behalten, sondern dann mach ich deinen Bruder auch wieder gesund, verstanden?“
Zwackelmann legte den Bonbon unter den mittleren Becher und begann die Becher langsam zu verschieben, behielt aber stets Sandras Blick im Auge. Sandra starrte einfach weiter grade aus.
Du musst dich mehr anstrengen!“
Er hob einen Becher an.
Hier ist der Bonbon! Ich will, dass du dir merkst, wo er ist!“ In Zeitlupe setzte er die drei Becher wieder in Bewegung, um dann langsam schneller zu werden.
Komm Sandra, konzentrier dich! Wo ist die Wundermedizin für deinen Bruder … Du musst dich konzentrieren …“, säuselte er erregt und wechselte die Richtung.
Streng dich an, kleine Sandra, sonst hat der Onkel Doktor keinen Spaß!“ Plötzlich stoppte er abrupt das Geschiebe und merkte, dass er vor Erregung zitterte.
Nun entscheide du über Tod oder Leben …“, hauchte er. „Wo ist der Bonb…“
Sandra hob ohne zu zögern den rechten Becher, unter dem sich der Bonbon befand, hoch, stellte ihn beiseite und verfiel sofort wieder in apathische Starre.
Zwackelmann schluckte hart und sah das Mädchen für einige Sekunden entgeistert an.
Das war Glück, Sandra, das war reines Glück und das weißt du …“
Er stand auf, schnappte sich seine Unterlagen, verließ den Raum und blaffte auf dem Gang: „Schwester Gaby! Schwester, das Mädchen wird unter Ritalin gesetzt!“

Nächsten Dienstag geht es weiter...

Dienstag, 11. September 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Dietmar ist in den Klauen von Dr. Zwackelmann und dieser erinnert sich an das Jahr 1983 – die erste Begegnung der beiden...


Schwester Gaby, die kommen wohl beide nicht durch …“, flüsterte Zwackelmann mit geheuchelter Traurigkeit der Krankenschwester zu, mit der er die Stippvisite absolvierte. Sie standen vor zwei Krankenbetten, an deren Kopfseiten Monitore signalisierten, dass die beiden Patienten noch am Leben waren.
Ganz so schlimm muss es nicht enden, zumindest für einen von beiden, dachte er sich, das geht aber nur mich etwas an.
Die Patienten Tobias Müntzer und Dietmar Röber hatten zwei gravierende Gemeinsamkeiten: Sie litten an inneren Verletzungen, die ihr Ableben innerhalb der nächsten Stunden eigentlich unausweichlich machten, und sie hatten am heutigen Tag ihr linkes Auge verloren. Aber hier endeten die Übereinstimmungen auch schon: Während der Offizier Müntzer sein linkes Augenlicht bei einer Gefechtsübung eingebüßt hatte, war die Ursache bei Dietmar Röber ein Autounfall gewesen, der ihm gleichzeitig seine beiden Eltern genommen hatte. Allein diese Tatsache machte Zwackelmann die Entscheidung, wem von beiden er heute ein zweites Leben schenken sollte, sehr einfach. Röbers Langhaarfrisur und die „Stoppt Strauß“- und „Ami go home“-Sticker auf seiner Lederjacke hatten ihn in seinem Entschluss noch bestärkt: Tobias Müntzer hatte alles, was es brauchte, um einen Elitesoldaten zu formen: Einen durchtrainierten Körper, die Disziplin, Befehlen zu gehorchen, und seit heute Morgen einen Schicksalsschlag, der ihn unter sein bisheriges Leben einen Schlussstrich ziehen lassen würde.
Und ich werde dafür sorgen, dass aus ihm ein Elite-Elitesoldat wird – und sein linkes Auge in ein Spezial-Feature verwandeln! Ja, Tobias Müntzer wird mein Gesellenstück, mit ihm werde ich beweisen, dass ich zu recht in die LCC-Loge aufgenommen wurde! Ich, Wolfgang Zwackelmann!“

Ähm… Herr Doktor … das Mädchen …“, unterbrach die Krankenschwester Zwackelmanns Tagtraum und deutete auf das Kind, das still an einem Tisch im Zimmer saß.
Ja und? Was ist mit dem Mädchen?“, raunte Zwackelmann zurück.
Das ist die Schwester von dem Röber, Sandra Röber, und …“ Sie trat an Zwackelmann heran und flüsterte: „Sie hat bei dem Unfall ihre Eltern verloren und ich denke, es wäre nicht gut, wenn sie erfahren würde, in was für einem kritischen Zustand sich ihr Bruder befindet …“
Ach, das ist die Schwester?“ Er schaute sich das Kind kurz an. „Interessant! Schwester Gaby, lassen sie uns bitte allein!“

Was hat der Arzt mit Sandra vor? Nächsten Dienstag werden wir es erfahren...

Dienstag, 4. September 2012

Die Hartz-Four Truppe entsteht
Was bisher geschah: Dr. Zwackelmann, ein Nervenarzt, der Menschen in Superhelden umoperieren kann, hat Dietmar überrumpelt...

Nachdem er Dietmar mühsam in sein Sprechzimmer gezerrt und in einen Stuhl gehievt hatte, verabreichte er ihm eine weitere Infusion.
Nach wenigen Sekunden war Dietmar wach.
Sehen Sie her: Mit dieser Spritze habe ich Ihr schlaues Köpfchen wieder angestellt – Ihren Körper lassen wir vorerst gelähmt! … Und mit dieser Spritze …“, er nahm eine andere in die Hand, „werde ich Sie nachher wieder narkotisieren.“ Er lachte. „An… aus… an… aus…“, sagte er, während er abwechselnd die Spritzen hochhielt.
Aber das ist neurologisches Einmaleins… Widmen wir uns meinem biotechnologischen Opus!“
Er trat dicht an Dietmar heran und nahm ihm seine Sonnenbrille ab. Dietmar versuchte ihn daran zu hindern, aber seine Gliedmaßen gehorchten ihm nicht. Der Arzt öffnete Dietmars linkes Augenlid.
Nehmen Sie Ihre Griffel weg!“, flüsterte Dietmar angestrengt, aber Zwackelmann ließ sich nicht stören.
Bingo – Mein Magicus Vitrum Okulus – ein Glasauge, mit dem Sie durch Wände schauen können.“ Er setzte Dietmar die Brille wieder auf und stolzierte auf die andere Seite des Schreibtisches.
Ich habe Ihnen am 18. Juli 1983 dieses drei Millionen Dollar teure Auge in einem Labor der LCC eingesetzt – da werde ich als Ihr Arzt ja wohl das Recht haben, mich zu erkundigen, wie es um meinen Patienten steht!“
Zwackelmann nahm Platz und strich sich selbstverliebt über den Bart.
Ein kleiner Test: Hinter mir ist ein Privatraum: Herr Röber, sagen Sie mir, was an der Rückwand hängt!“
Eine große Hakenkreuzfahne!“
Zwackelmann schaute sein Gegenüber für einige Momente entgeistert an, griff dann wahllos auf seinen Schreibtisch und schmiss Dietmar eine Handvoll Kugelschreiber ins Gesicht.
Du bist nicht in der Position, hier Scherze zu machen, du Kommunistenzecke!“, brüllte er mit hochrotem Kopf.
Ach …“, er winkte fast ein wenig enttäuscht ab „wahrscheinlich bist du auf dem linken Auge einfach blind – und das nicht nur im übertragenen Sinne. Um das Rätsel zu lösen: An der Wand hängt ein Porträt von Henry Ford und …“
Na, da lag ich doch gar nicht so falsch“, warf Dietmar ein.
Schnauze!“, schrie Zwackelmann. „Zeit, dir das Maul zu stopfen: Der gute alte Henry schaut nämlich grade auf deine Schwester, mit der ich noch Großes vorhabe …“
Dietmar begann sich qualvoll im Stuhl hin und her zu bewegen, als hätte ihm diese Information neue Energie gegeben.
Ja, lass die Glieder tanzen …“, lachte Zwackelmann. „Nicht einfach mit 50 ml Flunitrazepam im Blut.“
Wenn Sie ihr auch nur ein Haar krüm…“
Ja, ja schon gut – unsere Unterhaltung ist hiermit beendet.“ Der Arzt griff sich die Aus-Spritze und injizierte den Inhalt in Dietmars Körper.
Als er die Kanüle wieder herauszog, musste er daran denken, dass alles auch ganz anders hätte kommen können. Zwackelmann erinnerte sich an den 14. Juli 1983, den Tag, an dem Dietmar Röber starb …

Am nächsten Dienstag switchen wir zurück ins Jahr 1983...